It’s all about the Money…

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fuckoff Flickr ballanrossNun ist die Eurovision also auch zur kleinen Hure verkommen und wird in Malmö 2013 endgültig die Beine so richtig breit machen. Bislang hat sie sich immer noch ein wenig geziert, wenn es um grundsätzliche Prinzipien ging, doch mittlerweile will sie ganz offensichtlich um jeden Preis mit ihren Konkurrentinnen mithalten. Ihre kleine schwedische Schwester „Melodifestivalen“ zeigt ihr schon seit Jahren, wie man sich richtig anstellen muss, will man an die spendablen Freier mit dem großen Geld, den hohen Chartplatzierungen und den Top-Einschaltquoten  kommen…

Immer mal wieder gab es Aufschreie, das Ende des Eurovision Song Contests sei nah, beispielsweise als 1999 erstmals auf Orchestereinsatz verzichtet oder als 2006 die traditionelle Wertung auf die Verkündung der Top-3 zusammengestrichen wurde. Mittlerweile wissen wir, dass diese Änderungen dem Wettbewerb ganz gut getan haben bzw. dazu beitrugen, ihn zu modernisieren. Das neueste Ansinnen der EBU jedoch, die Startreihenfolge nach dramaturgischen Gründen zusammenzustellen und nicht per Losentscheid zu bestimmen, sorgt dieser Tage unter den Fans (alle anderen werden es kaum wahrnehmen) für blankes Entsetzen. Die Auslosung, bislang unangreifbares, weil willkürliches Element der Sendung und somit der Garant für eine gewisse Form von Fairness kann somit vom nächsten Produzenten Martin Österdahl umgangen werden, der dann nach Gutdünken schalten und walten darf.

Überraschenderweise wird diese Regeländerung nun ausgerechnet für den in Schweden stattfindenden Contest 2013 wirksam. In deren nationaler Vorausscheidung ist es seit langem üblich, die Favoriten auf die erfolgversprechenden hinteren Startplätze des Wettbewerbs zu hieven, das Vollplayback abzufahren und möglichst viele Tänzer auf die Bühne zu schicken. Mit diesem Rezept hat sich das Format nach Jahren der Krise zum alljährlichen Show-Event entwickelt. Um den Preis, dass es immer berechenbarer wurde.

Ebenso sind es die Schweden, die uns vor einigen Wochen mit ihrer Planung des 2013-er Konzeptes verblüfften. Mit einer kleineren Halle und einer einzigen Moderatorin wollen sie den Song Contest angeblich „Back to the Roots“ führen und auf bildgestalterische Stilmittel wie Supertotalen, die die Interpreten zu kleinen Randfiguren auf einer riesigen Bühne machen, gänzlich verzichten. Und da die Schweden seit Jahren in Fankreisen als Trendsetter des Festivals gelten (scheinbar sind die sturzlangweiligen Abende 1975 und 1992 kollektiv vergessen), wurde (auch von mir) deren Vorhaben bislang vornehmlich begrüßt, solange es nur die künstliche und bombastische Umsetzung von Baku vermeide.

Allerdings wird auch offensichtlich, dass es die Schweden vordergründig nicht bei einer ästhetischen Überarbeitung belassen wollen. Mit der Regeländerung der EBU und dem damit verbundenen Verzicht auf ein unberechenbares Element der Show, der ausgelosten Startreihenfolge, erhalten sie nahezu alle Werkzeuge, sich den idealen Eurovision Song Contest zu konstruieren. Künftig gibt es keinen montenegrinischen Rambo Amadeus mehr, der als Opener der Show 2012 die Zuschauer verschreckte. Auch werden Favoritinnen wie Safura anno 2010 nicht mehr auf Startposition 1 strafversetzt, sondern hofiert und ans Ende der Sängerschar geschoben, damit niemand mehr vorzeitig abschaltet oder gar teure Marketingkampagnen der Plattenfirmen in den Sand gesetzt werden. Daran, dass nur beim ESC San Marino ein Lied lang mächtiger als Russland sein kann, darf demnächst also ordentlich geschraubt werden.

Ohne Zweifel muss der Song Contest mit derzeitig erfolgreichen TV-Formaten Schritt halten. Die oben erwähnte Abschaffung des Orchesters war so eine dringend notwendige Modernisierung, um nicht zu einem anachronistischen Relikt der Fernsehunterhaltung zu verkommen. Die jetzt verkündeten Änderungen sind wahrscheinlich nur der Anfang von Maßnahmen, dem Wettbewerb ein komplett neues Gesicht zu geben. Dabei wird vergessen, dass die Eurovision nicht mehr die jüngste und gerade wegen ihrer Falten rituellen Traditionen etwas ganz besonderes ist, was sie von allen anderen dahergekommenen Mitstreiterinnen unterscheidet. Stück für Stück wird sie nun ihrer Seele beraubt, bis sie letztlich langweilig und austauschbar sein wird.

Foto: Flickr/ballanross

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