Monat: Dezember 2012

Now that’s what I call Eurovision! Vol. 1

Heilsarmee Foto SRFleer
Ha! Es ist erst Dezember und schon läuft die Eurovision zur Höchstform auf. Zumindest was das Gemenge an Gerüchten, Disqualifikation und Skandalen betrifft. Während Fans die erst heute bekannt gegebenen deutschen Vorentscheidungsteilnehmer nach möglichen Schwachstellen (wie z.B. einem vor dem Stichtag 01.09.2012 liegenden Veröffentlichungstermin) unter die Lupe nehmen, haben die Schweizer mit ihrem gerade mal vorgestern ausgewählten Beitrag „You and me“ der Band „Heilsarmee“ schon ganz andere Sorgen. Ungewöhnlich früh schaltete sich die EBU ein, wie eine offizielle Stellungsnahme des SRF (Schweizer Fernsehen und Radio) verlautbart:

Der Song ‘You and Me’ entspricht dem Reglement der EBU. Trotzdem ist es klar, dass aus Sicht der EBU ein Auftritt in Malmö nur möglich sein wird, wenn die Band nicht in der offiziellen Uniform der Heilsarmee auftritt. Ausserdem darf der Song nicht unter dem Namen ‘Heilsarmee’ eingereicht werden. Die EBU-Reference Group wird im Januar überprüfen, ob diese Änderungen entsprechend umgesetzt wurden.  Sven Sarbach, Bereichsleiter Show und Events: „Wir sind froh, dass der Song ‘You and Me’, den die Zuschauerinnen und Zuschauer am letzten Samstag mit grosser Mehrheit gewählt haben, von der EBU grundsätzlich als reglementskonform akzeptiert wird“. Die Heilsarmee will morgen entscheiden, ob sie unter diesen Umständen an der Teilnahme am Eurovision Song Contest 2013 in Malmö festhält.

Und mit dem alljährlich wiederkehrenden weißrussischen Ritual um bereits nominierte, dann aber doch zurückgezogene Interpreten / Beiträge und dem ebenfalls für diesen Monat zu erwartenden regelmäßigen ukrainischen Drama sind wir endlich in der Saison 2013 angekommen. Long live Eurovision!

Update: Die Band „Formerly known as Heilsarmee“ hat zwischenzeitlich bekannt gegeben, dass sie zusammen mit SRF eine kreative Lösung suche, um einen Auftritt in Malmö dennoch zu realisieren.

Foto: SRF / Schweizer Radio und Fernsehen

Hm…

Auch wenn uns der NDR-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber den deutschen Vorentscheid am 14.02.2013 als ganz großen Wurf verkaufen will… Skepsis ist angesagt, wenn man sich die heute veröffentlichte Starterliste so anschaut:

  • Ben Ivory – The righteous ones
  • Betty Dittrich – Lalala
  • Blitzkids MVT –  Heart on the line
  • Cascada – Glorious
  • Finn Martin – Change
  • LaBrassBanda – Nackert
  • Mobilée – Little sister
  • Nica & Joe – Elevated
  • Die Priester feat. Mojca Erdmann – Ave Maris Stella
  • Saint Lu – Craving
  • Söhne Mannheims – One love
  • Mia Diekow – Lieblingslied

Einige Namen wie Blitzkids MVT, Saint Lu oder Ben Ivory hören sich zwar ganz vielversprechend an, aber es steht zu befürchten, dass deren eurovisionäre Innovationsfreude vom TV-Zuschauer wie auch der Jury zugunsten renommierterer Acts wie der Dorfdiscotruppe Cascada oder den Heulsusen Söhne Mannheims mal wieder übersehen wird. Zu viele unsägliche donnerstägliche Vorentscheidungsabende in der Vergangenheit, zu viel Radio-, aber nicht ESC-taugliches Songmaterial der Plattenfirmen sowie die Tendenz der Televoter zum bereits Bekannten lassen uns nichts Gutes ahnen.

Aber vielleicht ist diese Skepsis auch nur Ausdruck von typisch deutschem Pessimisus. Immerhin heißt die Chose „Unser Song für Malmö“, also wollen wir hoffen, dass die Musik im Mittelpunkt stehen und uns positiv überraschen wird. Mehr dazu also, wenn – wie angekündigt – die Lieder unsere Radiostationen rauf und runter laufen…


Zehn kleine Negerlein

ESC Teilnehmer 2013Da tönen die Schweden, sie wollen 2013 einen kostengünstigen und reduzierten Song Contest hinlegen, sparen dabei an allen Ecken und Enden wie Halle, Moderation, Bühne und Auslosung, und währenddessen beschließt hinterrücks die böse EBU höhere Entgelte für die teilnehmenden Nationen! In der Folge verabschieden sich immer mehr potentielle Beitragszahler: Nach den ewig zaudernden Tschechen und Slowaken beschlossen zuerst Polen und Portugal sich dem Spektakel zu verweigern, nun wollen auch Bosnien-Herzegowina und gar die Türkei zu Hause bleiben.

Allmählich wird es sehr schmerzhaft, waren beide Nationen in den vergangenen Jahren doch fast ausnahmslos mit wahrhaftig eurovisionären, den Wettbewerb aufwerteten Beiträgen am Start. Aber offensichtlich müssen in Zeiten der an jeder Ecke lauernden Finanzkrise Europas TV-Sender mittlerweile sparen, was das Zeug hält. Leider hat sich das noch nicht bis zur EBU nach Genf herumgesprochen. Andererseits wird nirgends wirklich offen gelegt, was den Anstalten der Spaß denn überhaupt kostet und ob ein abendfüllender Song Contest tatsächlich so viel unerschwinglicher als beispielsweise das samstägliche Volksmusikgedudel mit Florian Silbereisen ist…

Wenn denn das liebe Geld also überhaupt der Grund ist. Zwar führten bislang lediglich die Türken die in den letzten Jahren eingeführten Neuregelungen wie z. B. Jury-Voting als Grund ihrer Unzufriedenheit an, möglicherweise gibt es aber auch andere Länder, bei denen das Zufriedenheitsbarometer in den Keller sinkt. Augenblicklich kann die aktuelle Teilnehmerliste daher schon in zehn Minuten wieder hinfällig sein, zumal einige Nationen wie Griechenland, Zypern, Bulgarien und Slowenien immer noch zögern, eine endgültige Meldung abzugeben. Nun sollen bis Jahresfrist Nägel mit Köpfen gemacht werden: Dann nämlich will die EBU das verbindliche Starterfeld benennen.

PS: Ja! Ja! Ja! Diese Headline ist sowas von politisch unkorrekt….

Foto: Clker