Alles ist gut

Alles ist gut

Die liebe Seele hat Ruh! Was nach dem Naidoo-Disaster kaum einer für möglich gehalten hätte, ist wahr geworden: der NDR und die deutsche ESC-Anhängerschaft sind auf alle Ewigkeit für’s Erste ausgesöhnt!

Zuerst wurde geshitstormt was das Zeug hielt, Song-Contest-Teilnahme und Verschwörungstheorien eines Mannheimer Sängers gingen so rein gar nicht zusammen (fand auch der eurovisionaer). Dann wurde gemeckert, dass der NDR das nach nur zwei Tagen ebenfalls so sah. Anschließend wurde gequengelt, dass Alternativkonzepte für eine 2016-er Vorentscheidung so lange auf sich warten ließen. Und zwischendurch die Schose mit der gefakten Liste (für die der NDR aber nix konnte…). Doch nun ist alles gut.

Eben jener NDR, der noch im November zum Gespött der Nation geworden war, legte gestern ein Teilnehmerverzeichnis auf den Tisch, mit dem er nahezu alle Wünsche der Fans auf einmal erfüllte. Das süße Manga-Girlie Jamie-Lee wollt Ihr? Sollt ihr kriegen! Ordentliche Sendezeit? Erledigt: zwei Stunden! Die Barbara soll’s wieder richten? Gebongt! Schlager? Gerne! Ralph Siegel aus’m Exil holen? Na gut! Einzig die von einigen Hardcore-Nervensägen als Göttin angebetete Helene fehlt. Entschuldigt, denn das wäre wohl zu viel des Guten gewesen.

Nun reicht das musikalische Spektrum vom Bombastrock über Indiesounds bis hin zum lang verschmähten Tralala. Fragt sich nur, warum der NDR früher für eine weniger abwechslungsreiche Ausbeute nahezu sechs Monate Vorbereitungszeit einkalkulierte. Schwamm drüber.

Denn der Rest ist wie immer: Mit der Meldung der hoffnungsvollen Kandidaten werden mal wieder nur vier der insgesamt zehn Beiträge veröffentlicht. Die anderen Songs, äh… Lieder, sollen der Öffentlichkeit kleckerweise präsentiert werden. Und: Erneut ist die Redaktion vom Wohlwollen der Plattenfirmen, deren Promotionterminen und Single- oder LP-Veröffentlichungen abhängig. Doch was soll man anderes erwarten, wenn Brainpool-Hipster gemeinsam mit den Label-Managern abhängen? Eine ohrenschmalzerweichende musikalische Granate, die in irgendeiner Schublade nur darauf gewartet hat, endlich zum trendigen ESC entsandt zu werden?

Einzig das vorsichtig als innovativ zu betitelnde Konzept, Ideen zur Inszenierung der Künstlerauftritte von Studenten der deutschen Film- und Kunsthochschulen einfließen zu lassen, verdient Beachtung. Denn augenscheinlich hat es sich mittlerweile selbst bis Hamburg herumgesprochen, dass der im vergangenen Jahr siegreiche Måns Zelmerlöw ohne seine Comic-ClipArt-Installation zwar mehrere Blumentöpfe, nicht aber unbedingt den ESC gewonnen hätte.

Doch bei so viel Glückseligkeit allerorten will auch der eurovisionaer keine miese Stimmung verbreiten. Er stellt heute um 19.12 Uhr lediglich fest, dass er den Hype um eine kleine TVOG-Gewinnerin nicht nachvollziehen und die Ergriffenheit für einen kalkulierten Pseudo-Polit-Protest-Song nicht teilen mag. Bleibt ihm (vorerst) nur die pompöse Meat-Loaf-Gedächtnis-Nummer, die leider satte 35 Jahre zu spät kommt. Sei’s drum.

Foto: Pixabay

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