Monat: März 2016

Wundersames Aserbaidschan

Samra Rahimli | Miracle

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Was wollen wir lange um den heißen Brei reden, mittlerweile dürfte es sich herumgesprochen haben, dass der eurovisionaer auf keinem guten Fuß mit den aserischen ESC-Beiträgen steht. Nicht erst seit dem Überraschungssieg 2011 strömen diese nämlich nicht den geringsten Hauch landestypischer Musikstile aus, schlimmer noch – den westeuropäischen Hörgewohnheiten angepasst, sind sie bis zum Erbrechen für einen ESC-Erfolg konzipiert. Gerne kauft man daher in Baku in fernen schwedischen Songfabriken ein, wo die Hits seit jeher vom Fließband kommen.

Die rehäugige Samra, die aus o. g. Gründen für das Ticket nach Stockholm bereits ihren Nachnamen abgeben musste, macht da keine Ausnahme. Ihr Liedchen „Miracle“ ist tausendmal gehörter Popramsch, den die jungen Radiowellen so lieben, weil er niemandem – erst recht nicht den Werbekunden – weh tut. Und wie in jedem Jahr wird sich die Kaukasusrepublik damit ins Finale mogeln – und dann hoffentlich wie ein Stein untergehen… BÄM!

Bestes Mal: Ell & Nikki | Running scared

Letztes Mal: Elnur Huseynov | Hour of the Wolf


Märchenhaftes Albanien

Eneda Tarifa | Fairytale

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Nachdem sie im kalten Dezember das 54. Festivali i Kenges verdientermaßen mit ihrem Beitrag Përallë gewonnen hatte, kam die Sängerin Eneda Tarifa nicht umhin, Albanien beim ESC 2016 zu vertreten. Und prompt spülte das eine alte Geschichte hoch, für die sich Frau Tarifa seitdem ordentlich rechtfertigen muss. 2014 nämlich hatte sie sich nicht ganz so PC über die von uns allen geliebte Conchita geäußert. Via Facebook postete sie damals, dass sie nicht wisse, wie sie ihrer Tochter diese bärtige Frau erklären solle. Dumm gelaufen, zwei Jahre später nun wird sie sich zu diesem Thema in Stockholm den unbequemen Fragen der bekanntermaßen investigativen Reporterschar stellen müssen.

Dabei wäre es weitaus aufschlussreicher, wenn sie mal jemand nach ihrem Schlabber-Lied fragen würde. Von dem ist nach entsprechender Überarbeitung – in Albanien wird ja alljährlich auf Teufel komm raus gekürzt und anglifiziert – leider nur noch eine mickrige Grundstruktur übrig geblieben. Nicht nur dem Zuschauer in Tirana werden die Tränen in die Augen schießen, weil er sein eigenes Lied nicht wiedererkennt – auch die gute Eneda wird keine schöne Zeit in Schwedens Hauptstadt erleben: An einen Finaleinzug ist nämlich nicht mehr zu denken. Selbst schuld.

Bestes Mal: Rona Nishliu | Suus

Letztes Mal: Elhaida Dani  | I’m alive

 


Von 43 bis 1 – Der Jahrgang ist gerankt

Was gibt es für den ESC-Maniaco Schöneres, als Mitte März  den endlich vollständigen Jahrgang einer gewissenhaften Wertungsprozedur zu unterziehen? Doch während die besonders anfälligen Nerds schon recht früh der Rankomania verfallen, kann sich der eurovisionaer meist bis Ende der Vorentscheidungssaison zügeln. Aber dann gibt es auch für ihn kein Halten mehr und – bäääm! – darf der Youtube-Kosmos ein weiteres Top43-Video sein Eigen nennen.

Übrigens: Wer nun ebenfalls infiziert ist, sich wegen des recht unübersichtlichen Starterfeldes jedoch noch etwas schwer tut, dem sei Mister Gerbear’s fabelhafte Sortierhilfe empfohlen.


Die Playlist 2016 | Vol 4

Es ist vollbracht, der Abgabetermin verstrichen, die Saison 2016 steht. Und nein, der eurovisionaer wartet nicht auf die prokrastinatorischen Bulgaren, die seit Tagen ihren Beitrag vor den gierigen Fans verstecken, um den vermeintlich fettesten Überraschungscoup zu landen. Ähnliches probierte bis gestern Malta, das – ebenfalls längst überfällig – sein finales Meisterwerk mit viel Tam-Tam in der abendlichen Nachrichtensendung platzierte. Genutzt hat den beiden Interpretinnen, die bereits seit Ende Januar gesetzt waren, das verzweifelte Feilschen um Aufmerksamkeit vermutlich wenig. Schließlich zählt das, was am 14. Mai auf dem Platz der Bühne abgeliefert wird und da mögen sich diese scheinheiligen Spielverderber noch wundern!

Abgesehen davon ist der Playlist-Schabernack aber nun beendet. Mehr als vier Ausgaben konnte / wollte der Hausblogger dieses Mal nicht fabrizieren, was möglicherweise am Jahrgang an sich liegt. Denn der ist mager und riecht etwas streng. Naturgemäß sehen das viele Anoraks (mal wieder) ganz anders. „Hurra“, rufen sie, „wir können uns vor zeitgenössischen Songs kaum retten!“ „Stimmt“, antwortet der eurovisionaer, „aber von der 08/15-Dudelfunk-Mucke schwirrt mir schon der Kopf und den ganzen Einheitskram auseinanderhalten mag ich auch nicht mehr“.  Vermutlich wurde der gesamte Ramsch, der das schwedische Mello-Auswahlprozedere nicht überstanden hat, im übrigen Europa verwurstet. Das Ergebnis ist nicht wirklich lecker.

Also gibt sich der Blogwart daher zum Abschluss mal ganz altmodisch Grand-Prix-esque und stellt vergnüglich fest, dass ihn wenigstens die alten Haudegen Spanien und Frankreich – trotz aller Tristesse der vergangenen Jahre – nicht enttäuschten. Mal abwarten, ob der sturzbetrunkene Televoter das im Mai ähnlich sieht. Und damit geben wir zurück in die Sendezentrale.

Playlist leiste 2016

0100FRAAmir HaddadJ'ai cherché
0204ESPBareiSay yay!
0301LATJustsHeartbeat
0402AUTZOËLoin d’ici
0500MACKaliopiDona
0600ARMIveta MukuchyanLove Wave
0700RUSSergey LazarevYou are the only one
0803ESTLauraSupersonic
0905UKRJamala
1944
1010NORThe Hungry Hearts ft. Lisa DillanLaika
1116GERKeømaProtected
1220ESTJuri PootsmannPlay
1300POLMichael SzpakColor of your Life
1408ROMVanotek feat. The Code si GeorgianI'm coming home
1507ESTGreta PaiaStories untold
1611HUNKarmapolis & Szécsi BöbeHold on to
1712POLNatalia SzroederLustra
1806GERElla EndlichAdrenalin
1909LITDonny MontellI've been waiting for this night
2013IRENicky ByrneSunlight
Foto: Renaud Corlouër
Grafik: eurovisionaer

Endspurt

Die Vorentscheidungssaison liegt in den letzten Zügen. In der bald ablaufenden Woche purzelten zahlreiche Neuveröffentlichungen all jener Teilnehmer, die Lieder und Künstler ohne den Umweg der Zuschauerbefragung nominierten, über uns herein. Mehrheitlich von recht mickriger Qualität, hört man den Songs an, dass sie sich keinem nationalen Wettbewerb stellen mussten. Tausendmal gehört, mittelmäßige Konfektionsware – wie wir sie halt aus den Charts Europas zur Genüge kennen.

Ein Teil der Fanboys bejubelt die (von den Plattenfirmen gesteuerte) Hinwendung des Contests zur aktuellen, kommerziell verwertbaren Popmusik. Was ja auch, verglichen mit den dunklen 90er Jahren, als sich niemand mehr für den drögen ESC interessierte, zunächst einmal recht funky ist. Bedauernswerterweise verleugnen jedoch ein Großteil der Wettbewerbsbeiträge 2016 ihre nationale Eigenheiten dermaßen konsequent, büßen Ecken und Kanten ein und geben kaum noch Anlass für Spott und Häme, dass einem die Tränen in die Augen schießen. Denn gerade die Schadenfreude ist es, die für den bestens amüsierten Zuschauer seit Jahrzehnten den Kultcharakter der musikalischen Europameisterschaft ausmacht.

Da können wir von Glück reden, dass ausgerechnet der Zwergenstaat San Marino für den dringend überfälligen Trashfaktor sorgte. Dessen Beitrag „I didn’t know“, von der fleischfarbenen Badekappe Serhat ins Mikro gemurmelt, erarbeitete sich binnen Stunden nach Veröffentlichung das Prädikat „Schlechtester ESC-Song aller Zeiten“. Andere, wie die maltesische Ira Losco, erheitern die Beobachter, da sie trotz Vorentscheidungsgewinn im Januar nunmehr seit Wochen einen Songtausch ankündigt. Über 30 Kompositionen habe sie aufgenommen, die allesamt das Zeug zum internationalen Sieg hätten. Schade nur, so erzählt man sich, dass die eiligst angefragte Expertenrunde ihr anriet, den ganzen Zirkus zu lassen und einfach bei der vom heimischen Televoter abgenickten Wahl zu bleiben.

Ähnlich verzweifelt müssen all jene eurovisionäre Has-Beens sein, die zu allem Überfluss den diesjährigen Contest fluten. Kaliopi, Poli, Greta, Deen und eben jene Ira lassen sich von nichts und niemanden beirren und wollen es nun mit letzter Kraft versuchen, den heiligen ESC-Thron zu besteigen. Andere, heißen sie Edyta, Kallay oder Mihai, blieben schon im Vorlauf auf der Strecke und gaben danach die brüskierten, schlechten Verlierer. Offensichtlich sind sie alle von einem heimtückischen, nicht-heilbaren ESC-Virus erfasst. Da diese Seuche jährlich schlimmer wird, sollten daher alle verzweifelte Veteranen demnächst – als Ergänzung zum spleenigen Junior-Format – im Rahmen eines eigenen Seniorwettbewerbs behandelt werden.

Vorerst jedoch gilt es, die letzten Schäfchen in Schweden, Litauen, Aserbaidschan und Bulgarien einzusammeln. Die stolzen Skandinavier jedenfalls, von vielen für ihr gigantisches Mello geliebt und vergöttert, können schon jetzt vor Kraft kaum laufen. Größenwahnsinnig (geworden?) posaunen sie heraus, die irische ESC-Rekordsiegesserie einstellen zu wollen. Selbstverständlich gehen sie daher fest von einem weiteren Erfolg für Sverige in Sverige aus. Dafür lässt beispielsweise das favorisierte, aber stimmlich eher schwerstbehinderte Duo Samir und Viktor im morgigen Finale fast alle Hüllen fallen, um die Festivalbühne schlussendlich in Boxershorts zu verlassen.

Ob Europa darauf gewartet hat?

Foto: gemeinfrei