Stockholm 2016

poster 2016Finale: 14. Mai 2016
Halbfinals: 10. Mai 2016 / 12. Mai 2016
Ort: Schweden / Globen Arena Stockholm
Teilnehmer: 42 Länder
Sieger: Jamala „1944“ (Ukraine)
Voting: 50% Televoting / 50% Jury
TV-Zuschauer ges.: 204 Mio.
TV-Zuschauer Dt.: 9,33 Mio.
Interval-Act: Justin Timberlake
Moderation: Petra Mede & Måns Zelmerlöw

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Teilnehmer 2016

ALB
Albanien
Eneda Tarifa
Fairytale
ARM
Armenien
Iveta Mukuchyan
Love Wave
AZB
Aserbaidschan
Samra
Miracle
AUS
Australien
Dami Im
Sound of Silence
BEL
Belgien
Laura Tesoro
What's the Pressure
BIH
Bosnien-Herzegowina
Deen, Dalal & Ana
Ljubav je
BUL
Bulgarien
Poli Genova
If Love was a Crime
DEN
Dänemark
Lighthouse X
Soldiers of Love
GER
Deutschland
Jamie-Lee
Ghost
EST
Estland
Jüri Pootsmann
Play
FIN
Finnland
Sandhja
Sing it away
FRA
Frankreich
Amir Haddad
J'ai cherché
GEO
Georgien
Young Georgian Lolitaz
Midnight Gold
GRE
Griechenland
Argo
Utopian Land
IRE
Irland
Nicky Byrne
Sunlight
ICE
Island
Greta Salome
Hear them calling
ISR
Israel
Hovi Star
Made of Stars
ITA
Italien
Francesca Michielin
No Degree of Separation
CRO
Kroatien
Nina Kraljić
Lighthouse
LAT
Lettland
Justs
Heartbeat
LIT
Litauen
Donny Montell
I've been waiting for this Night
MAL
Malta
Ira Losco
Walk on Water
MAC
Mazedonien
Kaliopi
Dona
MOL
Moldau
Lidia Isac
Falling Stars
MNE
Montenegro
Highway
The real Thing
NL
Niederlande
Douwe Bob
Slow down
NOR
Norwegen
Agnete
Icebreaker
AUT
Österreich
ZOË
Loin d'ici
POL
Polen
Michael Szpak
Color of your Life
ROM
Rumänien (disqualifiziert)
Ovidiu Anton
Moments of Silence
RUS
Russland
Sergey Lazarev
You are the only one
SNM
San Marino
Serhat
I didn't know
SWE
Schweden
Frans
If I were sorry
CH
Schweiz
Rykka
The last of our Kind
SRB
Serbien
ZAA
Goodbye (Shelter)
SLO
Slowenien
ManuElla
Red and blue
ESP
Spanien
Barei
Say yay!
CZE
Tschechien
Gabriela Gunčíková
I stand
UKR
Ukraine
Jamala
1944
HUN
Ungarn
Freddie
Pioneer
UK
Ver. Königreich
Joe & Jake
You're not alone
BLR
Weißrussland
Ivan
Help you fly
CYP
Zypern
Minus One
Alter Ego

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Fazit 2016

Das Stockholmer Wettsingen ist entschieden, die 61. Runde des europäischen TV-Events wird als eine der politischsten in die Festivalgeschichte eingehen. Dabei hatten sich die schwedischen Veranstalter so viel Mühe gegeben, den Glamourfaktor des ehemaligen Kuschel-Grand-Prix in ungeahnte Höhen zu treiben und tonnenweise Glitter über den Globen ausgeschüttet. Es half alles nichts.

Ausgerechnet die Ukraine schnappte den Favoriten aus Russland und Australien den Sieg vor der Nase weg. Sängerin Jamala jammerte sich durch drei Minuten biografischen Liedguts, das von der Vertreibung ihrer Großeltern von der Krim Anno 1944 erzählte und für den lauschigen ESC-Fan mit dezenten Trip-Hop-Beats garniert wurde. Dagegen schmierten die mördergut gesungene Allerweltsballade aus Sydney, aber auch der spektakulär in Szene gesetzte, ansonsten aber harmlose Discofox aus Moskau gewaltig ab. Die Erfolgsformeln der Vorjahre, die große Conchita-Geste oder der stramme Mans-Tanz, waren mit einem Mal hinfällig. Der unbedarfte Fernsehzuschauer wähnte sich eher beim Festival des politischen Liedes, denn bei seinem Lieblingsschlagerwettbewerb. Der ESC 2016 ist im Hier und Jetzt angekommen, wo kriegerische Auseinandersetzungen zweier Teilnehmerländer in verklausulierter Lyrik den angeblichen Nerv der Zeit treffen.

Nichts davon ist wahr. Denn den schon jetzt kommerziell erfolglosesten ESC-Sieger der letzten 15 Jahre hat die veranstaltende EBU selbst verbockt. Die grundsätzlich sympathische, nun aber von der ukrainischen Kriegsgöttin Ruslana herself in den politischen Rachefeldzug entsendete Jamala gewann nämlich weder das Jury- noch das Televoting. Dennoch hievte sie zum Abschluss der paneuropäischen Übertragung den Siegespokal in die Höhe. Schuld ist das neue Wertungsverfahren (Experten- und Zuschauervoten werden nicht mehr gemittelt, sondern fließen gleichberechtigt in das Endergebnis ein). Bereits im ersten Durchlauf entpuppte es sich als Betriebsunfall, der jedoch von den Organisatoren ignoriert und seitdem lieber schön geredet wird, da sich doch dessen Änderungen grundsätzlich bewährt und Spannung bis zum Schluß garantiert hätten. Ein Großteil der folgsamen Fanschar stimmt zu.

Der in die Jahre gekommene eurovisionaer – Neuerungen gegenüber durchaus aufgeschlossen – kann sich nur wundern. Das Voting, seit Jahrzehnten gleichermaßen Kult wegen einer sich aufbauenden Spannung, die lieb gewonnenen ewig gleichen Dankesfloskeln der Jurysprecher sowie vorhersehbare Nachbarschaftswertungen – reduziert auf eine kurze Ansage der fabulösen Douze Points. Immerhin. Parallel werden Ergebnisse eingeblendet, denen kaum jemand folgen kann. Dann ein Break, weitere schwedische Pausenfüller, schließlich die Vermeldung der Zuschauerergebnisse. Gewann die unvergessliche Celine 1988 noch mit mageren 137 Punkten, wird nunmehr mit Finalergebnissen nur so um sich geschmissen. Warum die Ukraine urplötzlich 534 Stimmen bekommt – egal, Hauptsache sie gewinnt. Vergessen ist das Mitfiebern mit der bärtigen Conchita, heutzutage wird geklotzt, nicht gekleckert.

Womit wir beim deutschen Beitrag angekommen wären. Unser Lied schaffte es zum zweiten Mal in Folge, zum langweiligsten Song des Abends gekürt zu werden. Bravo! Und daran wird sich auch nichts ändern, solange eierschaukelnde Bosse irgendwelcher Major-Plattenfirmen darüber entscheiden, welches verheizbare Talent sich als nächstes auf europäischer Bühne bis auf die Knochen blamieren darf. Dem NDR sei Dank.

Was also hat dem ewig gnatzenden eurovisionaer überhaupt gefallen?

Zum Beispiel der knackig freshe Justin Timberlake (zum Zweck der konsequenten Weiterentwicklung des Events zum kommerziellen Worldvision-Contest von seinen Majors auf Promotour in die alte Welt geschickt), lieferte er doch den catchiesten (wenngleich von Schweden fabrizierten) Song des Abends. Oder auch die fantasmorganische Barei aus Spanien, die zwar im Zuge des in diesem Jahr über die Maße Diasporafreundlichen Votings komplett nach hinten über fiel, sich aber dennoch zum Liebling der heimischen eurovisionaeren Party mauserte. Oder auch der fesche Mans, der seine internationale Moderationsbewährungsprobe bravourös meisterte und das zusehends alternde, ähnliche wie der deutsche Kommentator an seinen Textkarten klebende Urgestein Petra Mede blass werden ließ.

Es ist vorbei. Schade. Der kommende Wettbewerb 2017, der aller Voraussicht nach im auch dann noch kriegerischen Kiew stattfinden wird, lässt bislang keine wirkliche Vorfreude zu. Stockholm hat es ganz einfach vergeigt.

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Ergebnisse 2016

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Grafiken: EBU; eurovisionaer Fotos: EBU / Andreas Putting

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Kandidaten 2016

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