Hach….!

Hach….!

Category : Artikel 2016

Darauf hat zwar nicht die Welt, aber der eurovisionaer seeehr lange gewartet: Fast auf den Tag genau 30 Jahre ist her, dass Abba zuletzt gemeinsam für die Fotografen posierten, lange Zeit nach ihrem finalen offiziellen Auftritt als Supergroup 1982. Gestern nun trafen sich alle vier zur Eröffnung von Björns Mamma-Mia-Restaurant (es hätte allerdings wahrlich glamourösere Anlässe geben können…) und scheuten erstmals nicht davor zurück, sich der Öffentlichkeit wieder als Fab-Four zu präsentieren.

Ein Lebenszeichen der Band, die mehr zurück kommen wollte. Jung, frisch und in wahnwitzigen Kostümen – so sollte man sie in Erinnerung behalten. An dieser Legende werkelten sie seit Jahrzehnten, verweigerten sich jeder Comebackversuchung und jedem Foto, das sie vereint wie in alten Zeiten gezeigt hätte. Folglich gab es allerhöchstens mal drei, niemals aber alle vier Mitglieder gemeinsam zu sehen. Nun ist der Bann gebrochen: die Hardcorefans liegen sich tränenüberströmt in den Armen und die Medien titeln reißerisch „Abba-Reunion“.

Vollkommen unmöglich scheint das nach der gestrigen Nacht nicht mehr zu sein. Denn wer die Marketingstrategie der vier Schweden kennt, der weiß, dass diese nicht auf Zufällen basiert. Christer Björkman, mitverantwortlich für den Stockholmer ESC 2016, befand sich übrigens vergangenen Abend ebenfalls unter den Gästen des Events. Möglicherweise ist ihm inmitten des Abba-Rummels eine Idee gekommen, wen er im Mai als Interval-Act verpflichten könnte. Vielleicht aber liegt der unterschriebene Vertrag schon längst in seiner Schublade…

Foto: www.facebook.com/ABBA

Eurovisionäre Nachhilfe: 06. April 1974

abba 1974 universal bubi heilemannFoto: Universal/BubiHeilemann

1974An diesem Tag – also heute vor vierzig Jahren – wurde ich eurovisionär! Das hört sich spektakulär an, war es anfänglich aber überhaupt nicht. Denn während ich im Vorfeld des Wettbewerbs die damals alljährlich in der Bravo erscheinende Grand-Prix-Übersicht studierte, sympathisierte ich bestenfalls mit den heimischen Vertretern Cindy & Bert, was ich aus heutiger Sicht mal als Jugendsünde entschuldigen möchte. Mouth & McNeal aus Holland könnten den Deutschen vielleicht gefährlich werden, mutmaßte ich, denn auch die kannte ich aus der ZDF-Hitparade. Olivia Newton-John fand ich dagegen schon immer doof.

swe74Dann der 06. April: ich durfte ausnahmsweise länger aufbleiben und tatsächlich meine erste Eurovision am Bildschirm verfolgen! Ein Abend voller Ooh-, Hui- und Aha-Erlebnisse: Nie zuvor hatte ich diese Fanfare gehört, die das Festival feierlich eröffnete, und einen Kommentator, der erklären musste, was die Ansagerin im Morgenrock erzählte. Europäische Länder kannte ich zwar aus dem Diercke-Schulatlas, dass diese jedoch um die Wette sangen, war mir bis zu dem Zeitpunkt noch nicht untergekommen. Ich war aufgeregt wie Bolle, doch die ersten Lieder – passend zum ehrwürdigen Dome-Theater, in dem sie vorgetragen wurden – waren allesamt recht brav und langweilig, einschließlich das der von mir verhassten Australierin, die für England startete, wo moderne Musik ja eigentlich herkam. Noch ahnte ich nicht, dass sich innerhalb einer knappen Stunde meine Vorstellung von Pop für immer verändern sollte. Werner Veigel sagte die Startnummer acht an, als Agnetha und Annafrid die Bühne erstürmten und die glitterige Deko wie für sie gemacht zu sein schien. „My my, at Waterloo Napoleon did surrender!“ Sofort war mir klar, dass das piefige deutsche Duo dagegen nur abstinken konnte und seine Mikros am besten schnell wieder eingepackt hätte. Okay, die Holländer waren ganz lustig, die Italienerin offensichtlich sehr traurig und die Israelis hatten rattenscharfe Pullunder an. Mein Favorit für diese seltsame Hitparade aber stand schnell und unerschütterlich fest – es waren die schwedischen Abbas (diese Pluralform wurde damals übrigens wirklich benutzt).

nl74Im familiären Umfeld dagegen kam „Waterloo“ gar nicht gut an, Hippies hatten schließlich beim Schlagerwettbewerb nichts zu suchen! Freundliche Fräuleins wie Severine, Dana und Vicky Leandros waren es, die das Spektakel die letzten Jahre über dominiert hatten. Gruppen waren demgegenüber erst seit zwei Jahren bei der Eurovision offiziell zugelassen und als Vertreter der so genannten Beatmusik im Grunde genommen (noch) vom Schlagermainstream verpönt. Heute weiß ich natürlich um die an jeder Ecke lauernde behäbige Spießigkeit der Siebziger, damals erahnte ich sie nur. Abba waren daher so was wie ein frischer Luftzug, der pfeilschnell durchs muffige Wohnzimmer zog. Knallbunte Lichter in meiner bis dato eher schwarz-weißen Welt!

Dann folgte die für heutige Verhältnisse recht flotte Wertungsprozedur unter Leitung von Katie Boyle (immer noch im puscheligen Morgenmantel): 24 Votes, trotz der Null-Punkte-Klatsche der angelsächsischen Juroren reichte das zum Sieg, der vielleicht am riesigen Brightoner Scoreboard nicht übermäßig eindrucksvoll daher kam, für die europäische Gesangsveranstaltung jedoch einen tiefen Einschnitt darstellte. Urplötzlich wurde der Grand Prix Eurovision zum Eurovision Song Contest (obschon die Briten diesen Namen bereits in den 60ern einführten, er sich aber lange Zeit gegen den französischen Terminus nicht durchsetzen konnte) und lieferte wahrhaftiges Hitmaterial. Und ich hatte ihn für mich entdeckt und wollte ihn nie mehr loslassen!

lx74Nur so am Rand bekam ich in den Wochen danach mit, dass der Kanzler umziehen musste und wegen Beckenbauer ein riesiger Fußball auf unsere Straße gemalt wurde. Abba dudelte ich während jenes Sommers (der nach Aussage des DWD angeblich zu kühl, in meiner Erinnerung jedoch sehr warm war) rauf und runter. Zwar hatten es selbst Frau Sheer und der dicke Holländer auf meine vom Radio aufgenommene himmelblaue Musikkassette geschafft, dennoch gierte ich pausenlos nach neuen Melodien der vier Schweden, die mich auf immer größeren Postern aus jeder Ecke meines Kinderzimmers anlächelten. Und auf meine damalige Lieblingshose, ein giftgrünes Polyesterding mit überdimensionalem Schlag, durfte ich unter Aufsicht meiner Oma das Kürzel ABBA aufbügeln. Vorsichtig, damit die Hose nicht in Flammen aufging. Auch als die Skandinavier – seltsamerweise – innerhalb weniger Monate bei meinen Klassenkameraden jäh uncool wurden, blieb ich ihnen treu und sparte mein Taschengeld weiterhin für stets neue Alben und Singles. Über acht Jahre – meine gesamte Teenagerzeit – ging das so, sie waren immer da und machten mich mit ihrer Musik glücklich. Dann kam nichts Neues mehr. Lange hatte ich gewartet, dass sie wie alle anderen irgendwann einfach wiederkommen. Sie taten es nicht. Mittlerweile denke ich mir, dass das ein Glück war. Denn möglicherweise nur deswegen bleiben sie selbst heute für den Eurovisionär so frisch und fabelhaft wie am 06. April 1974.  Coverfotos: EBU/ Polydor (2) / Decca

scoreboard 1974

Foto: EBU



Eurovisionäre Nachhilfe: 03. April 1976

19761976 war der Grand Prix Eurovision so populär wie nie zuvor – und niemals danach wieder. Grund hierfür war zuallererst der Überraschungssieg von Abba mit „Waterloo“ zwei Jahre zuvor und dessen musikalisch etwas dünnere Fortsetzung mit dem holländischen „Ding-A-Dong“ 1975. Innerhalb kürzester Zeit war der Song Contest vom Chanson- zum zeitgemäßen Popmusikwettbewerb mutiert, dessen Siegertitel nicht nur internationale Charterfolge wurden, sondern – das war neu – seinen Interpreten auch etwas ähnliches wie eine überschaubare Karriere mit Nachfolgehits bescherten.

d76Es schien daher ein glücklicher Zufall zu sein, dass sich in der bundesrepublikanischen Vorauswahl zwar zuerst der Barde Tony Marshall durchsetzen konnte, wegen dessen nationaler Disqualifikation aber letztlich die Anfang der Siebziger recht hippe Formation Les Humphries Singers nach Den Haag geschickt wurde. Nichts wollten die Deutschen mehr als europäische Anerkennung durch einen Sieg beim Song Contest, also vertraute man der zuletzt gültigen Erfolgsformel und schickte erstmals eine Band zum Schlagerwettbewerb. Es endete mal wieder in einem Fiasko. Der Beitrag „Sing Sang Song“ war noch einfacher gestrickt, als es der Titel schon vermuten ließ und rangierte am Ende des Abends auf Platz 15. Es war – wie selbst heute noch so oft – der vergebliche Versuch Ralph Siegels, so etwas wie aktuellen Pop zu komponieren. Doch die Jugend konnte er mit seinem umständlichen ESC-Konstrukt überhaupt nicht erreichen. Lediglich bis auf Rang 45 der Mediacontrol-Charts schaffte es der Siegelsche Singsang, und auch ich als treuer Single-Käufer und Eurovisionsfan verweigerte mich. Und die Jurys Europas eben auch.

uk76Statt dessen setzten sie – wie schon im Jahr zuvor – ausgerechnet den Song auf Platz eins, der auch als erster des gesamten Teilnehmerfeldes vorgetragen wurde. Brotherhood of Man, die mir als fleißiger Mal-Sandock-Hörer schon seit Monaten mit „Kiss me, kiss your Baby“ im Ohr waren, führten mit ihren aus heutiger Sicht affigen Tanzschrittchen zu „Save your Kisses for me“ erstmals das choreografische Element in den Wettbewerb ein. Am 03. April 1976 sorgte es maßgeblich dafür, dass die Juroren den britischen Auftritt nicht vergaßen und mit Höchstwertungen überschütteten. Natürlich funktionierte ebenso die bei den famosen Schweden abgekupferte Formel „zwei Jungs, zwei Mädchen“ und der Charterfolg in der Heimat, wo der Song schon vor dem Contest auf Platz eins der BBC-Top-40 kletterte. Dort reichte es gar für zwei weitere Top Hits 77 und 78, aber eigentlich blieb die Band immer ein peinlicher Abba-Klon. Doch während diese Mitte 1976 mit „Dancing Queen“ schon in einer anderen Liga spielten und nunmehr seit über dreißig Jahren ihr Renterdasein genießen, tingeln die Briten bis zum heutigen Tage durch die ESC-Shows Europas.

mc76Dennoch täuscht das scheinbar so eindeutige Votum des 76-er Wettbewerbs, der knallvoll mit guten, eingängigen Beiträgen war: Monaco versuchte sich erfolgreich an den damals allmählich populären Discosounds, Frankreich und Österreich hatten wirklich tolle Schlager am Start, Belgien eine wundervolle Ballade und Israel einen richtig guten Popsong. Viele schafften es während des heißen Sommers in die europäischen, aber auch bundesdeutschen Charts und sorgten für einen hohen kommerziellen Wert dieses – rückblickend betrachtet – außergewöhnlichen Jahrgangs.

sf76Und in einen mittelschweren Schreikrampf versetzt mich auch heute noch der legendäre finnische Beitrag „Pump Pump“ des gemütlichen Fredi. Zwei seiner „Friends“, die beiden Tänzerinnen, hatten kurz vor dem großen Auftritt wohl aus Langeweile Ecstasy-Bonbons gelutscht, die die beiden so in Fahrt brachten, dass der Sänger aus Suomi vermutlich noch Wochen danach blaue Flecken an der Hüfte hatte. Für solche Momente liebe ich die Eurovision!
Coverfotos: Decca, Pye Records, Polydor, Philipps

scoreboard 1976

Foto: EBU


Schweden-Schlager gefährden Ihre Gesundheit!

Blaue und gelbe Luftballons, Kempe-Kempe-Kempe und Melloschlager bis zum Abwinken. Wieder einmal quälten die erfolgsverwöhnten Schweden ihre Anhänger 2014 durch eine Reihe an Vorrunden und Second-Chance-Absurditäten. Die skandinavische Vorentscheidungsprozedur, mittlerweile zum heimischen Kulturgut wie Knäckebrot und Pippi Langstrumpf gehörend, hatte auch zum gestrigen Finale die seit Jahren gleichen Zutaten aus dem Hut gezaubert. Einzig die trotz Autotuning durchweg schräge Töne produzierende Schar an Teeniestars – offensichtlich ein Tribut an die pubertierende Zuschauerschaft – schien ein neues Showelement aus dem Hause Björkman zu sein. Peinlicherweise wurden gerade die jungen Acts fast ausnahmslos von den eigens befragten internationalen Jurys ignoriert: was blieb, war der Triumph der Alt-Veteranen in der angeblich besten Vorentscheidung Europas.

Das Retortentrio Alcazar, ranzig wie uralter Käse, präsentierte den seit Jahren ewiggleichen Discomief, der mit Clubsounds so viel zu tun hat wie Ralph Siegel mit Beethoven. Wie immer Platz drei. Daneben eine im wahrsten Sinn des Wortes leibhaftige Eurovisionssiegerin: Helena Paparizou, der man anmerkte, dass sie sich recht widerwillig gezwungen sah, irgendeine versteckte Klausel ihres Schallplattenvertrags in dem mello-fanatischen Land zu erfüllen (Lustlosigkeit gleicht jedoch Spielverderberei und wird nicht mit einer Topplatzierung belohnt). Und natürlich Sanna Nielsen, die bei eingefleischten Fans seit Ewigkeiten für nasse Höschen sorgt und es im siebten (!) Anlauf nun endlich schaffte, die Hitparade der Schlagerbelanglosigkeiten anzuführen. Wahrscheinlich, weil ihr Beitrag „Undo“ eine nicht ganz so schmerzliche Körperverletzung darstellte wie der Rest der sogenannten Melodien. Und dann außer Konkurrenz dazwischen ein ABBA-Medley, das an den Durchbruch der vier Skandinavier vor 40 Jahren erinnern sollte. Leider war auch das (von ehemaligen Mello-Gewinnern vorgetragen) so süßlich-klebrig, dass einem speiübel werden konnte. Die Geehrten mochten es wohl geahnt haben, denn sie ließen sich in diesem musikalischen Kabinett des Grauens erst gar nicht blicken. Fazit: No, thank you for this Music!


OMG!!! Agnetha live!

Erst letzte Woche hat sie weltweit für Schlagzeilen gesorgt, weil die schwedische Pop-Legende plötzlich eine Abba-Reunion anlässlich des anstehenden 40. Jahrestags ihres Brightoner Eurovisionssiegs nicht mehr ausschließen will. Jetzt schnappt sie sich Take-That-Sänger Gary Barlow und legt ihren ersten Live-Auftritt seit Mitte der Achtziger hin, was Fans der Sängerin rund um den Globus (den Eurovisionär eingeschlossen) zur schieren Raserei bringt.

Agnetha Fältskog, die sich lange Jahre – ganz die Garbo – komplett aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, verblüfft derzeit die Musikwelt mit immer neuen Überraschungen. Fortsetzung folgt – in Kopenhagen?


Matt Pop’s Getting In The Swing Mix

Der aus dem Dunstkreis der Almighty-Sippe stammende Matt Pop, der vor kurzem seine Hände schon an eurovisionäres Liedgut von z.B. Loreen und Roberta Bellarosa gelegt hat, erfreut uns dieser Tage mit einem neuen fulminanten ABBA-Remix. Thank you for the Music!


Abba wollen Geschichte schreiben…

abba…wollen offensichtlich die Abba-B’s Benny & Björn. Gemeinsam mit dem schwedischen Dance-Projekt Avicii haben sie das Stück „We write the Story“ komponiert, das laut Eurovision.tv die Finalshow am 18. Mai eröffnen wird. Eine Eurovisionshymne mit großem Chor, allen diesjährigen Teilnehmern und wahrscheinlich sämtlichen in Schweden verfügbaren Flaggen Europas soll es werden, die gegenseitiges Verständnis und harmonisches Miteinander lobpreisen will. Leider hört sich das schon jetzt nach einem sehr süßlichem Brei Marke „Friede, Freude, Eierkuchen“ an, von dem einem schnell schlecht werden könnte… noch bevor man den rumänischen Beitrag gehört hätte.

Ach, wenn doch Agnetha die britische Promo-Tingelei für ihr am 10. Mai erscheinendes Album „A“ bloß nicht auf Mitte Mai terminiert hätte, dann gäbe es jetzt mehr Grund zur Vorfreude. Aber wer weiß, denn seit der Veröffentlichung der kleinen Hymnen-Meldung spekuliert die internationale Presse natürlich erst recht wie wild, ob uns Malmö vielleicht doch endlich die seit 30 Jahren heiß ersehnte ABBA-Reunion beschert. Selbst wenn dies der Ex-Mann unserer blonden Ikone bei jeder Gelegenheit abstreitet…

Foto: Wikimedia / Beyond My Ken