Der König ist tot. Es lebe der König!

Der König ist tot. Es lebe der König!

logo vorläufig2013 müssen wir ohne Blitztabelle, Jurypräsidenten und die Heavytones auskommen…. Welch ein Segen! Wie das Onlinemedienmagazin DWDL heute berichtet, wird es im Rahmen der nationalen Vorauswahl zum Eurovision Song Contest in Malmö keine Neuauflage der Zusammenarbeit zwischen ARD und Pro7 geben, damit ist das ausgelutschte Format „Unser Star für…“ vorerst tot. Das war es eigentlich schon in diesem Jahr, denn was 2010 dank Lena Meyer-Landrut wunderbar funktionierte, erwies sich fortan als nichtendenwollendes Schnarch-TV.

Der Privatsender, der sich offensichtlich niemals mit dem eurovisionären Gedanken anfreunden konnte und sich stets bemühte, den Songcontest zu ignorieren, teilt hierzu lapidar mit:

„Für 2013 plant ProSieben keine gemeinsame Showreihe mit der ARD zum ESC. Die erfolgreiche Kooperation ruht, eine Fortsetzung ist nicht ausgeschlossen“.

Thomas Schreiber, der Koordinator der Unterhaltungssendungen der ARD, scheint darüber nicht allzu enttäuscht zu sein:

„Es ist Teil der Geschichte des ESC, dass sich die Art, den deutschen Beitrag zu suchen, über die Jahre weiterentwickelt. Das Konzept für den deutschen Vorentscheid 2013 ist derzeit in Vorbereitung.“

Glücklicherweise schließt der Begriff „Weiterentwicklung“ ein Anknüpfen an das unsäglich trutschige Format von 2006 – 2008 schon einmal aus. Auch hatte sich in der Vergangenheit eine Entscheidung hinter verschlossenen Türen, wie wir sie zuletzt 2009 mit „Alex Swings Oscar Sings“ erleiden mussten, als nicht besonders erfolgreich und zuschauerbindend erwiesen. Bleibt also abzuwarten, welches Konzept der NDR nun in der Schublade haben will. Ein deutsches Melodifestivalen, welches die eingefleischten Fans sich so sehr wünschen und neuerdings zärtlich „Mello“ nennen, hält der eurovisionaer mit Blick auf die hiesige Musikszene jedenfalls für ziemlich ausgeschlossen. Vielleicht kann sich in der Folge des europaweiten Chart-Erfolgs der Schwedin Loreen der eine oder andere Act der bundesdeutschen A-Liga eine Teilnahme dann vorstellen, wenn der rote Teppich inform einer Nomminierung mit anschließender Abstimmung über den Song ausgerollt werden würde. Doch selbst dieses Format hat bereits 2011 niemanden mehr wirklich vom Hocker gerissen, obschon es immerhin das geniale „Taken by a Stranger“ zu Tage förderte.

Halbwegs realistisch erscheint dagegen eine retrovisionäre Version des Klassikers am Donnerstagabend mit 10 mehr oder weniger hoffnungsvollen Talenten, die die Musikindustrie entweder verheizen oder billig unters Volk bringen möchte. A propos: Ralph Siegel wird seit heute sicher Nachtschichten einlegen, um dann im Februar 2013 den wieder einmal besten Titel seines Musikschaffens aus dem Hut zu zaubern…

Grafik: eurovisionaer

Eurovisionseuphorie

Ohne auf diesem Blog einen Countdown einzurichten (was technisch ohne weiteres machbar wäre), wissen nicht nur Insider Eurovisonäre, dass der Höhepunkt der Saison kurz bevor steht. Mit dem Finale in Baku (wer redet schon von den Semis….? Die ARD zumindest nicht, denn die selbst ernannte Anstalt schiebt eben diese in verschiedene Spartenkanäle) wird am 26.05.2012 der Schlusspunkt der Eurovision 2012 gesetzt werden.

Glaubt man den Kennern, Wettbüros und europaweit organiserten Fanclubs ist das Rennen eh entschieden. Schweden macht nicht den aserbaidschanischen Fehler und baut bereits jetzt schon fleißig ein gigantomanisches Stadion, um die Besucher im Mai 2013 in Stockholm begrüßen zu dürfen. Loreen, deren Vertreterin, schafft es derzeit, mit ihren euphorisierenden Gesängen alle Quoten auf sich zu vereinigen und selbst die medial nicht gerade unterrepräsentierten Omas aus der russischen Provinz auszustechen. Ob es sich denn dann am 27. Mai frühmorgens in Baku ähnlich verhalten wird?

Hoffentlich nicht! Wie Kinder beim Öffnen eines bekannten Schokoladeneis wünschen auch wir uns Spiel, Spaß und Spannung. Düsseldorf hat bewiesen, dass ein weit gestreuter Favoritenkreis gar nicht unbedingt musikalisch dazu beitragen kann, die Veranstaltung aufzuwerten. Auch 2012 gibt es neben der besagten Schwedin eine kleine handvoll Beiträge, die man – anders als die 1000mal gehörte serbische Ballade oder mitgewuppte griechische Disconummer – so nicht erwartet hätte. Beispiele? Wie wäre es mit dem israelischen 70er-Jahre Retro-Sound der Band Izabo oder aber der halbwegs frische Sound der eidgenössischen Sinplus? Von der großartigen italienischen Diva ganz zu schweigen! Gleichwohl sind es 2012 wenige, häufig werden wie gesagt erfolgreiche Klischees der Vorjahre benutzt, da auch die Zuschauer angeblich nichts anderes wünschen.

Wirklich? Warten wir es ab! Sicherlich wäre selbst dann das schwedische Angebot nicht das schlechteste, alleine deshalb, weil es ausnahmsweise nicht das traditionelle Abba-Muster verfolgt. Nur ganz so eindeutig, wie jetzt prognostiziert, muss es ja nicht werden!

Trotzdem sollte man sich auch als Eurovisionär darüber im klaren sein, dass unsere Lieblingsveranstaltung in diesem Jahr erneut kein chartstaugliches Material abwerfen wird. Schaut man sich allerdings eben diese Charts an, ist auch eine solche Option nicht die schlechteste. Brot und Spiele – diesem Anspruch wenigstens wird die Eurovision 2012 mehr als gerecht! Und mehr muss es nicht sein, oder?


Geschafft!

Glaubt man eurovisionären Gerüchten, sollen von der EBU ab 2013 für alle teilnehmenden Nationen Vorentscheidungen verbindlich vorgeschrieben werden. Ob das ein Segen sein wird, sei einmal dahin gestellt. Denn dieses Jahr bedienen sich auffallend viele Teilnehmer einer internen Vorauswahl, bei der Interpret und Song einfach von den TV-Funktionären bestimmt werden. Dennoch muss dieser Verzicht auf demokratische Strukturen gar nicht so schlecht sein, was Beispiele der Vergangenheit belegen (dabei denke man nicht nur an die quäkenden Vorjahressieger aus Aserbaidschan, sondern vielmehr an die geschmackvollen französischen Perlen der frühen Neunziger Jahre…).

Deutschland muss sich natürlich auch in diesem Zusammenhang als Musterknabe Europas präsentieren und hat uns über gefühlte drei Monate mit einer – obschon niemand zuvor etwas verloren hatte – daher von Beginn an überflüssigen Suche gequält, die an Körperverletzung grenzte. Eine manipulierende, weil uns totquatschende Jury hatte nichts besseres zu tun, als jeden der persönlichkeitslosen Kandidaten, der / die halbwegs einen Ton oder eine Gitarre halten konnte (hin und wieder gar gleichzeitig) über den grellgrünsten Klee zu loben, dass einem vor Mitleid wahlweise speiübel werden konnte oder die Tränen in die Augen schossen. Dass der sogenannte Präsident, der sie alle auf dem Gewissen – weil ausgewählt – hatte, dabei selbst Stefan Raab zu dessen schrecklichsten Zeiten übertraf, kann nur daran gelegen haben, dass ihm der Ausflug aus dem Fanta4-Altenheim den letzten Realitätssinn geraubt hat. Gekrönt wurde das Ganze mit der innovativen Blitztabelle, die an anderen Stellen schon ausführlichst kritisiert wurde. Mal sehen, ob sich Pro7 diesen Prototyp von perfider Abzocke patentieren lässt oder schon wie Onkel Dagobert ein Vollbad in den Millionen von abgeluchsten Teenagercents nimmt. Und selbst wenn so viel Cash in die Kasse kommt, warum zum Teufel sollte man es für sympathische Moderatoren oder eine professionelle Begleitcombo ausgeben?

Nein, an dem Konstrukt „USFB“ war alles einfach nur billig. Kurz vor Schluss ist es dann aber doch noch einmal eng geworden. Und das nicht wegen des ohnehin schon im Vorfeld ausgewuppten Kandidaten, der den Machern am besten in den Kram passte, weil der nach früheren DSDS-Erfahrungen eh keine hohen Ansprüche mehr stellte. Nein, Raab fiel es bei aller Schein-Euphorie glücklicherweise in der letzten Ausgabe dann doch noch ein: „Ogottogottogott …. Uns fehlt ja noch ein Song für Baku!“ Damit nicht auffällt, dass auch dieser längst ausgeklüngelt ist, kramten sie flugs aus der untersten Schublade noch weiteres Liedgut raus…und ach, der aussichtslosen Konkurrentin sollten ja auch noch ein paar Zeilen zusammengewurschtelt werden! Zack Zack, das wurde dann mal eben in einer Nacht- und Nebelaktion mehr oder weniger lieblos erledigt, fertig ist die Maus!

Was hätte man in Deutschland – Lena Meyer Landrut sei Dank! – alles aus der Eurovision machen können: Da man seit 2011 eh nicht mehr gewinnen musste und wollte, wäre es ein leichtes gewesen, wirklich frische oder gar bereits erfolgreiche Acts (ja…vielleicht sogar etablierte Stars!!??!) in die Entscheidung einzubinden, einen tatsächlichen Bezug zur internationalen Finalshow herzustellen (und nicht nur die Beiträge anderer Nationen in einer 1.30-MAZ zusammen zu klatschen, um sie anschließlich süffisant zu belächeln). Man hätte das angestaubteste und grausamste aller Requisiten, die Heavytones, in hohem Bogen aus dem Fenster schmeissen sollen, und endlich mal elektronische Sounds in die Auswahl einschmuggeln, der wunderbaren Sabine Heinrich über Jahre hinweg eine Lebensaufgabe geben und dem Song Contest in den nun kommenden mageren Jahren mit Spiel, Spaß und Spannung dauerhaft auf die Beine helfen können.

Die letzten Wochen war es nur Kasperletheater, wie Raab gestern in einem lichten Moment erkannt hat. Den hat der Seppl Roman (der traditionell zwar ehrlich, aber auch wenig einfältig ist) gewonnen. Kurz zuvor hat ihm der Wachtmeister Thomas D. die eigentlich schon deinstallierte Blitztabelle noch mal schnell ins Bild geschoben, denn sonst hätten die staunenden Kinder ja gar nicht gewusst, dass klammheimlich die Prinzessin Ornella dem ganzen Treiben ein böses Ende machen könnte. Aber es ist ja noch einmal gut gegangen und wir werden die nächsten drei Monate erst einmal von dem schwäbischen Geschwätz des Oberkasperls verschont. Geschafft!

 


Es is der da…

thomas d flickr teliko82Das Grundkonzept zur deutschen Vorentscheidung 2012 steht. Trotz des Abgangs von Stefan Raab wird ähnlich wie im ersten Durchlauf 2010, in dem Das Erste, ProSieben sowie diverse Radiosender Lena Meyer-Landrut suchten und fanden, nun „Unser Star für Baku“ gecastet.

Neuer Jury-Präsident wird Thomas D, der mit seiner Band „Die Fantastischen Vier“ und als Solokünstler zahlreiche Musikpreise, u. a. fünf Mal den „Echo“, erhalten hat. Er wird wie Raab in den Vorjahren als über allem schwebender Jury-Präsident und inhaltlich verantwortlicher Musik-Produzent das Jury-Team leiten. Und er nimmt ganz offensichtlich seine Sache ernst:

Präsident wollte ich schon immer werden! Bei diesem musikalischen Groß-Projekt mit dabei zu sein ist eine fantastische Aufgabe, auf die ich mich sehr freue und die ich sehr ernst nehme. Außerdem sehe ich besser aus als Stefan Raab.

Dann kann ja nix mehr schief gehen… Ob das Castingformat erneut den erwünschten Erfolg beim Song-Contest einfahren wird, oder die Teilnahme von „Ich bin Lena, ich bin 18 und ich komme aus Hannover“ sich doch auf lange Sicht als einzigartiger Glücksfall erweisen wird, soll sich dann zeigen. Aber so lange sich hierzulande national erfolgreiche Acts – anders als in vielen osteuropäischen Teilnehmerstaaten – dem Wettbewerb weiterhin verweigern, bleibt uns wohl nichts anderes übrig.

Wer also mal ein Star in Aserbaidschan werden will, kann sich ab sofort bewerben: Anmeldeformulare für die Castings in Köln können im Internet auf www.eurovision.de und www.tvtotal.de aufgerufen werden.

Foto: Flickr / Teliko82