NDR lässt die Katze aus dem Sack: zehn Kandidaten für Stockholm

NDR lässt die Katze aus dem Sack: zehn Kandidaten für Stockholm

Wie bereits vermeldet, geht die deutsche Vorentscheidung „Unser Lied für Stockholm“ am Donnerstag, 25. Februar, um 20.15 über die Bühne. Und wie schon in den Vorjahren wählen die Zuschauer in zwei Durchgängen per Telefon, SMS und erstmals via offizieller ESC-App ihren Favoriten. Wen? Das verriet der NDR heute nun endlich, nachdem er sich erst im November kurz nach Bekanntgabe von seinem Wunschkandidaten Xavier Naidoo wieder verabschieden musste. Durch die zweistündige ULF-Show führt – ebenfalls wie immer – die unerschrockene Barbara Schöneberger. Die größte Überraschung in diesem Tal der Unaufgeregtheiten: Auch Ralph Siegel darf wieder mitmachen – er verantwortet den Beitrag der bislang unbekannten Laura Pinski.

  • Alex Diehl – Nur ein Lied
  • Avantasia – Mystery Of A Blood Red Rose
  • Ella Endlich – Adrenalin
  • Gregorian – Masters Of Chant
  • Jamie-Lee Kriewitz – Ghost
  • Joco – Full Moon
  • Keøma – Protected
  • Laura Pinski – Under The Sun We Are One
  • Luxuslärm – Solange Liebe in mir wohnt
  • Woods of Birnam – Lift Me Up (From The Underground)

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von „Eurovision Song Contest 2016 – Unser Lied für Stockholm“ wurden von Vertretern der jungen ARD-Radios (Aditya Sharma/Fritz, Andreas Zagelow/Sputnik), des NDR (Carola Conze/Thomas Schreiber), der Musiklabels (Tom Bohne/Universal Music, Nico Gössel-Hain/Sony Music, Steffen Müller/Warner Music) und Independents (Konrad von Löhneysen/Embassy of Music) sowie der Produktionsfirma Brainpool (Claudia Gliedt/Jörg Grabosch) ausgesucht. Kriterien waren vor allem das jeweilige Lied, dessen Erfolgschance in dem internationalen Wettbewerb und die Genrevielfalt. Zur Auswahl standen alle knapp 150 Vorschläge, die von ARD-Radios, Plattenlabels, Produzenten, Musikverlagen, Künstlermanagern sowie Künstlerinnen und Künstlern eingegangen waren. Für die Inszenierung der zehn ausgewählten Songs in der Show werden voraussichtlich Ideen aus verschiedenen Studiengängen an Film- und Kunsthochschulen aus Deutschland berücksichtigt, die derzeit noch an ihren Entwürfen arbeiten.

Quelle: NDR

USFÖ – Unkeusche Gedanken vor dem Tag X

sex andAls der eurovisionaer kürzlich durchs Netz streunte, um seine bislang spärlichen Informationen zu der in Kürze anstehenden heiligen nationalen Vorentscheidung zu vervollständigen, stieß er auf eine Forderung, die ihm bereits aus hitzigen Gesprächen in seinem persönlichen Umfeld hinlänglich bekannt war. Es ging um DIE Grundsatzfrage, die augenscheinlich für manchen ESC-Aficionado von derart existenzieller Bedeutung ist, dass sie ihn selbst in der dunkelsten Novembernacht aus tiefen Träumen hochschrecken lässt, aus lauter Furcht, sie vor dem eilig einberufenen obersten ESC-Gericht nicht wahrheitsgemäß beantworten zu können:

Wie nimmt er es mit der Treue zu seinen heimischen Kandidaten?

In Zeiten, in denen das Festivalvergnügen immer hemmungsloser ausgelebt werden kann, da der interessierte Fan ab spätestens Mitte November irgendwo auf dem Kontinent den nationalen Entscheidungsprozessen mittels wackliger Streams beiwohnen kann, in denen mittlerweile nicht mehr nur 18 (wie in den biederen Siebzigern), sondern beinahe 40 Bewerber paradieren und um seine Gunst buhlen, ist es nicht mehr so einfach, dem Kopf statt dem Herzen zu folgen. Lediglich die Idealisten unter uns ficht das nicht an: Komme was wolle, sie stehen zu ihrem deutschen Beitrag, denken immer noch glückstrunken an die keimfreie Beziehung mit Ralph Siegel, die über lange Jahre kuschelige Vertrautheit suggerierte, und geben sich auch heutzutage ohne wenn und aber jedem aberwitzigen Verkupplungsversuch des NDR bedingungslos hin. Ihr eurovisionäres Motto lautet: Wähle eine Seite aus und halte dich daran.

Doch was passiert mit uns anderen? Der eurovisionaer – vor seinem Second-Hand-Barock-Sekretär sitzend und auf die Laptop-Tastatur starrend – macht gerade ganz mondän auf Carrie Bradshaw und fragt sich: Beschreiten wir den Walk of Shame, nur weil wir hin und wieder die hauseigenen Angebote verschmähen und mal ein abgetakeltes Clubkonzert links liegen lassen? Verlangt es die ESC-Ettikette, dass wir uns ganz situationselastisch die Daumen drückend hinter den für uns bestimmten Kandidaten stellen und mit der schwarz-rot-goldenen Fahne wedeln? Verschmähen wir bedenkenlos das heimische Husband-Material und treiben es lieber mit dem estnischen oder slowenischen Fuck-Buddy?

Für die schlagerösen Charlotte Yorks oder mellobesessenen Miranda Hobbs unter den Contestanhängern käme Letzteres niemals in Frage. Nun gut, natürlich flirten auch sie schon mal in Sektlaune mit dem italienischen Hengst oder träumen klammheimlich unter der Bettdecke von ihrem schwedischen Märchenprinzen, aber selbst downtown verlieren sie niemals ihre Prinzipien aus dem Blick, wenn sie unverdrossen auf den einzig Richtigen warten – den deutschen Eurovisionssieger. Jedoch: Ist Hoffnung eine Droge, die wir auf Dauer besser absetzen sollten?

Mit einer solch treuherzigen, jedoch überflüssigen Form der Zeitverschwendung konnte der bei den Eurovisionisten zahlenmäßig scheinbar unterrepräsentierte Typus Samantha Jones noch nie etwas anfangen. Von einem dahergelaufenen norwegischen Schätzchen kann er bekanntermaßen niemals genug frischen Pfeffer serviert bekommen und wie selbstverständlich pickt er sich seit jeher nur die süßesten Kirschen aus dem bunten eurovisionären Kuchen. So sammelt er über die Jahre immer neue musikalische Trophäen, die ihm mit jeder Erinnerung ein ewig zufriedenes Lächeln ins Gesicht zaubern, wohingegen ihn so manch deutscher 3-Minuten-Freier ähnlich schnell anwidert wie ein Schluck schlechten Beaujolais Nouveau am ersten Tag der Saison.

Nur einmal hat es dieser wohl so undeutsche heteroschwule Eurovisionsliebhaber geschafft, den Erwartungen seiner Freunde gerecht zu werden, als er ungläubig, aber zielsicher den Hafen der Monogamie ansteuerte. In jenen ausgelassenen Meyer-Landrutschen Jahren uptown staunte er plötzlich selbst, wie unkompliziert das ESC-Dasein in treuer Verbundenheit doch sein konnte. Das Glück währte zwei Frühjahre, dann war der Zauber vorbei.

Peng!

Später an diesem Tag begann der eurovisionaer zu begreifen, dass ihn das Reden der kritikunfähigen Moralapostel vielleicht nachdenklich gestimmt, aber keinesfalls den Glauben an die Ehrlichkeit als beste Politik des Lebens genommen hatte. Wenn wir niemals nach links oder rechts schauten, von unserem angeblich durch Geburt vorgegebenen Song-Contest-Weg abwichen, wären wir nie der, der wir nun mal sind und unser Lieblingswettbewerb wäre so rein gar nicht absofuckinglutely. Zum Teufel also mit der chauvinistischen Fügsamkeit! Willkommen im Zeitalter der freien ESC-Liebe!

Grafik: eurovisionaer

USFÖ – so läuft es ab

Morgen Abend um 20.15 Uhr ist es also soweit. Deutschland sucht sich in einer absehbar pompösen Fernsehshow, die live aus der Hannoveraner Arena ausgestrahlt wird, seinen Song für Österreich – genauer gesagt für Wien – aus. Die Moderation übernimmt wie im Vorjahr die in Fankreisen sehr geschätzte, weil herrlich unkonventionelle Barbara Schöneberger. Mittlerweile werden auch erste Einzelheiten zum genauen Ablauf bekannt. So soll nach dem obligatorischen Opener, den selbstverständlich ESC-Siegerin Conchita Wurst bestreiten darf, Runde 1 des Wettbewerbs in folgender (noch vorläufigen) Reihenfolge über die Bühne gehen:

Mrs Greenbird Shine Shine Shine
Alexa Feser Glück
Faun Hörst du die Trommeln
Noize Generation Song for You
Ann Sophie
Jump the Gun
Fahrenhaidt Frozen Silence
Laing Zeig deine Muskeln
Andreas Kümmert Home is in my Hands

leer
Nachdem alle acht Interpreten einen Song präsentiert haben, gibt’s ein Zwischenvoting. Aus diesem gehen die vier Teilnehmer mit den meisten Stimmen hervor, die anschließend wiederum einen zweiten Beitrag zum Besten geben dürfen. Ab da wird es mit der Auszählung ein wenig komplizierter: Von den vier Acts mit jeweils zwei Liedern – also acht Bewerberbeiträgen – werden die zwei Songs ins Superfinale durchgereicht, die die meisten Anrufe erhalten haben. Sollte hier wider Erwarten ein Interpret mit beiden Titeln ausgewählt werden, rückt automatisch das drittplatzierte Lied nach. Es kommt schlussendlich also zu einem Duell Sänger gegen Sänger, über das der Televoter dann ein allerletztes Mal abstimmen darf.

Ein wenig umständlich ist es schon, was sich der NDR da ausgedacht hat. Das System hat aber den Vorteil, dass der Zuschauer die beiden finalen Songs im Verlauf des Abends so oft hören wird, dass er letztlich nicht mehr allein nach dem ersten Eindruck entscheiden muss. Wir kennen das vom letzten Jahr, als sich das von Elaiza intonierte „Is it rrreieieieieight“ auf schnellstem Wege in allen zur Verfügung stehenden Gehörgängen festgesetzt hatte – ob man wollte oder nicht.

Zwischendurch werden übrigens noch Stefanie Heinzmann (Brainpool-Chose halt…) und Mark Forster ihre neuen Singles außer Konkurrenz bewerben dürfen. Eine kurze Clipshow mit den bisher feststehenden Konkurrenzbeiträgen (in der die finnischen Punker sicherlich nicht fehlen werden) sollte auf dem Ablaufplan vermutlich ebenso gelistet sein wie auch ein zweiter Auftritt ihrer Hoheit Conchita. Sie darf kurz vor der Bekanntgabe des Siegertitels – also gegen 22.30 Uhr und damit recht programmatisch – ihren brandneuen Song „You are unstoppable“ erstmals der hoffentlich staunenden Öffentlichkeit präsentieren. Dann ist es geschafft – und Schland darf sich mit seiner Wahl für Wien langsam anfreunden. Der eurovisionaer wünscht gute Unterhaltung!