Divide et impera
Category : Artikel 2012
Vor wenigen Tagen hat sich die EBU dazu entschlossen, endlich (!) die gesplitteten Endergebnisse des 2012er Contest zu veröffentlichen, ohne damit für größere Verwunderung in der Fangemeinde zu sorgen. Ja, die göttliche Loreen hätte auch ohne Jury gewonnen. Ja, die nervtötenden Babushkis wurden von eben der gnadenlos runter gepunket. Die smarte Nina Zilli war wohl eher eine Freundin der Jury und der türkische Schwubbel-Can ein Favorit der Televoter… Und warum jetzt die ukrainische Gaitana so hoch bei den Experten bzw. der
langweilige deutsche Roman so gut bei den gemeinen Zuschauern angekommen ist, möchte ich an dieser Stelle auch nicht weiter hinterfragen.
Wenig Neues also. Selbst die Täuschungsmanöver der Aseris setzen uns nicht mehr in Erstaunen. Bleibt die Frage: Brauchen wir eine Jury-Wertung, nachdem uns Peter Urban seit Ende der Neunziger die Vorzüge des demokratischen Televoting gepriesen hatte?
Ja und Nein. Dieses Jahr wäre es ja nun wirklich glimpflich ausgegangen, aber fürderhin – wer weiß? Nachdem ich lange Zeit den Juries (nicht nur wegen Evelina Sawschenko) mehr als skeptisch gegenüberstand, gewinne ich dieser Variante doch mehr und mehr Positives ab. Mittlerweile funktioniert sie ganz gut als Korrektivum, denn es gibt sie tatsächlich, die Beiträge, die von den Zuschauern auf dem ersten Ohr überhört und nicht beachtet werden bzw. die, die sich unersättlich in unsere Gehörgänge fressen wollen. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob sich der Song Contest, wie in diversen Foren gepostet, überhaupt einer neutralen Bewertung unterziehen kann. Es geht nun einmal nicht um höher, schneller, weiter, sondern einzig um den Geschmack einer bestimmten Gruppe von Entscheidern. Ob diese nun einer 5- (wie bisher) oder einer 10-Personen (unsinnigerweise noch einer bestimmten Altersstruktur entsprechenden) umfassenden Wählerschaft zugehörig sind, tut da nicht viel zur Sache.
Diesem Dilemma entkommen kann man nur mit einer einzigen strikten basisdemokratischen Regel: ein Anruf – eine Stimme! Doch die EBU ist (ausnahmsweise?) mal nicht so blöd, sich diesem Diktat zu beugen, denn über die Televoter-Aktien lassen sich wunderbar Einnahmen generieren, die die maroden TV-Sender aller beteiligten Länder auf anderen Wegen nicht aufbringen wollen und können. Und in den 80ern haben wir schließlich kaum auch nicht gemeckert, dass die sturzlangweilige Corinne Hermes und nicht die zumindest damals noch fesche Carola den großen Preis abgesahnt hat….