Come Together
Category : Artikel 2016
„Niemand heeft nog tijd“ sang 1997 eine in die Jahre gekommene holländische Girlieband – und tatsächlich – unsere Gesellschaft ist des Wartens müde und drängelt, wo es nur geht. In der Supermarktschlange fordern vornehmlich jene, die nicht wissen, was sie mit ihrem lieben langen Tag anfangen sollen, lautstark eine zweite Kasse. Und natürlich gilt auch im Straßenverkehr seit jeher das Darwinsche Gesetz des Stärkeren: kurz noch mal schnittig überholen, damit man bloß als erster an der nächsten roten Ampel ausharrt.
Selbstverständlich hat dieses Phänomen des egomanischen Arschkrampentums längst den eurovisionären Mikrokosmos erreicht. Der Jahrgang 2016 ist hiervon in besonderer Weise betroffen: es wird gequengelt, was die Sozialen Medien hergeben. Twitter sei Dank, sondern ESC-notgeile Maniacos nahezu stündlich irgendwelche Tweets an auffallend trantütige TV-Sender ab, sie mögen doch bitteschön Lieblingskünstler XYZ endlich bestätigen oder gefälligst detaillierte Infos zu nationalen Vorentscheidungen rausrücken. Nutzt das alles nichts, werden sie eigeninitiativ und lancieren erdichtete Fantasie-Teilnehmerlisten (die sie oft sogleich mit einem Zweitprofil in einer Art Selbstgespräch kommentieren). Der NDR weiß davon ein Lied zu singen.
Die Kreativen unter ihnen drücken anders auf die Tube und basteln ein angeblich offizielles Logo (inklusive sinnfreiem Slogan), das sie vorab von einem selbstredend nicht namentlich genannten Redakteur zugeschoben bekommen haben wollen. Und so viel Exklusivität darf man dann auch schon mal für ein paar Klicks ausschlachten, wenn doch die austragende Sendeanstalt, in diesem Jahr das schwedische SVT, einfach nicht in die Puschen kommen will. Prompt reagiert die ESC-Hood begierig, aber verwirrt mit ellenlangen Forenbeiträgen wie „Echt jetzt? Geilomat!“ oder „Bäh, viel zu unprofessionell – sieht nach Malstunde in der 6. Klasse aus!“ (was der Wahrheit vermutlich sehr nahe kommen könnte).
Glücklicherweise sind seit heute solche Ablenkungsmanöver hinfällig geworden, denn soeben verkündete das schwedische Fernsehen seinen geheimen Deal mit Peter Stuyvesant und veröffentlichte hoch feierlich und von Amts wegen Grafik und Claim 2016.
Das Warten drauf, ganz ohne Eile, hat sich gelohnt.