Und jährlich grüßt das ESC-Murmeltier

Und jährlich grüßt das ESC-Murmeltier

Dunkle Wolken am Horizont derer, die schon in Vorfreude auf die Rückkehr ins Mutterland der Eurovision, Schweden, ihre Reservierung für Stockholm vorgenommen hatten, um auf den Spuren der ewig göttlichen Agnetha F. zu wandeln. Wie heute bekannt wurde, stehen weder die 50.000 Sitzplätze fassende Friends- noch die Tele-2-Arena für den Song Contest 2016 zur Verfügung. Wie so häufig in den vergangenen Jahren, können sich die modernsten Veranstaltungsorte Europas, zu denen beiden Arenen zweifelsfrei gehören, eine 6-wöchige Blockade einzig durch den Eurovision Song Contest nicht leisten und stehen anderen Nutzern, so zum Beispiel dem ortsansässigen Fußballverein AIK Solna, im Wort.

Und so steht in Schwedens Hauptstadt nur noch der Globen zur Verfügung, stimmungsvolle Heimstätte des ESC 2000, heutzutage mit 16.000 Sitzplätzen allerdings als viel zu piefig wahrgenommen. Wenig reizvolle Alternativen bieten das etwas in die Jahre gekommene Scandinavium in Göteburg mit einer Kapazität von ca. 14.000 Plätzen oder die Saab-Arena in Linköping. Die verfügt über stattliche 11.500 Plätze, hat aber ansonsten infrastrukturell rein gar nichts zu bieten. Lachender Vierter könnte also erneut Malmö werden. Dort wurde der Wettbewerb erst 2013 ausgetragen und hinterliess seinerzeit ein mitteltiefes Loch in der Stadtkasse. Allerdings kann die Metropole am Öresund auch weiterhin mit ihrer einzigartigen Nähe zum nachbarlichen Kopenhagener Flughafen und den dortigen Hotelangeboten punkten. Laut Veranstalter, dem schwedischen TV-Sender SVT, soll die Wahl des ESC-Austragungsortes spätestens Anfang August 2015 gefallen sein.

Foto: Google Maps

Das war’s

24 spacesleer
Bereits am Morgen nach dem großen Finale verabschiedet sich Malmö vom Eurovision Song Contest, indem es eiligst alle WE-ARE-ONE-Flaggen einfährt und stolz per Banner auf das nächste Großereignis der Stadt hinweist. Die Ausstellung „24 Spaces“ für nicht-kommerzielle Kunstaktionen (ist das nicht ein Pleonasmus?) trägt den Untertitel „A Cacophony“.  Treffender als mit dieser Losung hätte das diesjährige europäische Wettsingen kaum ausklingen können…

Lag es daran, dass die Schweden nicht nur vieles anders, sondern auch alles besser machen wollten? Einiges hat funktioniert, wie zum Beispiel die Einbindung der Fans, indem SVT sie auf den aus der Not geborenen Stehplätzen zur lebendigen Kulisse werden ließ, die den wunderbaren Catwalk umrahmte. Und den abzuschreiten offensichtlich jeder Künstler vertraglich verpflichtet wurde… Auch die so genannten Postcards – die Filme, die während des Bühnenumbaus zwischen den Auftritten eingespielt werden – waren eine Wohltat, da sie anders als noch in Baku ganz untouristisch und nichtnationalistisch daher kamen und den Fokus auf die Künstler legten.

Doch sonst? Das pompöse und endlos lange Opening mit dem jeweils von Fahnenträgern angeführten Einmarsch der Nationen zur eigens komponierten feierlichen Hymne? Die Eurovision wird endlich zur Gesangsolympiade! Das aber heizt den stets latent vorhandenen Nationalstolz einiger Länder erst recht an und steht im krassen Gegensatz zum angeblich unpolitischen Selbstverständnis der Veranstaltung. Die Moderatorin? Erstmals seit Jahren war sie wieder alleinig für den gesamten Abend verantwortlich. Schwierig jedoch, wenn man sich dann gerade mit ihr als Gastgeberin nicht so richtig anfreunden kann. Die Bühne? Unspektakulär reiht sie sich in die der Vorjahre ein. Ob nun 2013 Projektoren statt LEDs eingesetzt werden, erschließt sich dem unbedarften Zuschauer nicht wirklich. Die Beiträge? Nun gut, dafür können die Schweden bis auf eine Ausnahme nichts. Die Pausenacts? Viel zu viele. Darunter eine selbstverliebte 50er-Jahre Revue der Gastgeber, mit der Resteuropa wohl wenig anfangen konnte, und eine für alle Nicht-Anglomaniacs häufig unkomische Pseudo-EBU-Botschafterin. Und letztlich ein chaotisches Voting, dem wohl nicht nur die oft zitierte finnische Hausfrau nicht immer folgen konnte.

public viewingleer
Schade. Eigentlich mag ich den Song Contest sehr. Und gerade von den eurovisionsverrückten Schweden hatte ich – sagen wir mal – mehr Impulse erwartet. Doch anders als beim geerdeten Rudelgucken in der Malmöer Innenstadt macht das Zuschauen am Fernseher keinen rechten Spaß mehr. Seelenlos ist vielleicht die passendste Beschreibung der 2013-er Ausgabe. Mehr oder weniger routiniert haben die Skandinavier ihre Hausaufgabe heruntergespult und verschämt am nächsten Tag weggeräumt.

Die in diesem Jahr erstmals angewendete selbstgebastelte Startreihenfolge, die 2009 geschehene Wiedereinführung und der seitdem alljährlich wachsende Einfluß der Jurys sowie die immer mehr dem gleichen Muster folgenden Musikbeiträge sind nur einige Beispiele für ein stetig geglättetes und kommerzialisiertes Format, bei dem Marktanteile und Profit, weniger jedoch Experimentierfreude und (skurrile) Eigenart im Vordergrund stehen. Insofern haben die EBU und Schweden als Gastgeber alles richtig gemacht. Und ich träume weiter.

Fotos: eurovisionaer


Die Eurovision zieht 14 km weiter…

Die Dänin Emmelie de Forest gewinnt mit „Only Teardrops“ den Eurovision Song Contest 2013 im südschwedischen Malmö und sorgt dafür, dass dieser auch 2014 am Öresund verbleibt.

Emmelie de Forrest gweinnt den ESC 2013
Foto: Sander Hestermann / EBU

Mit dem wohl längsten Finale der Geschichte des Eurovision Song Contests hat Malmö den gefühlten Münchener Rekord aus dem Jahr 1983 eingestellt und auch beim Intervalact orientierten sich die Skandinavier offenbar an der unvergessenen Marlene Charell. Dennoch, die schwedische Moderatorin Petra Mede war sicherlich nicht die Schwachstelle des diesjährigen Konzeptes, das mit so vielen Neuerungen den Wettbewerb reduzieren und zugleich modernisieren wollte. Mehr dazu hier.

Das von Pannen und im Nachhinein von Skandalen durchzogene Voting brachte letztlich nach dreieinhalb Stunden Show ein Ergebnis zu Tage, dass Fans, Wettbüros und uns Eurovisionären (tja, die Home Edition…) schon seit Wochen bekannt war: Emmelie aus dem Wald hatte jetzt auch Europa mit ihrem 08/15-Schlager „Only Teardrops“ überzeugen können. Loreen hab sie selig! Mutigere Gesangsversuche wie die aus Ungarn und den Niederlanden schafften es dagegen nur ins Mittelfeld. Der Jahrgang 2013 blieb also das, was wir von den Schweden am wenigsten erwartet hätten: mittelmäßig.

Wertung ESC Finale 2013Grafik: eurovisionaer (Quelle: EBU)

Europa wählt sich besoffen… das zweite ESC-Semifinale!

Malmö außer Rand und Band – und wie der eurovisionaer gestern persönlich feststellen konnte, an der Pforte zum Schlagerhimmel! Anders als am Dienstag platzten in diese Glückseligkeit jedoch einige Semifinalergebnisse, die nicht nur Beobachter vor Ort den Kopf schütteln bzw auf die Tischplatte schlagen ließen. Armenien und Rumänien drinnen, aber Israel und San Marino draußen? Offensichtlich gab es zwischen Hammerfest und Gibraltar doch zu viel „Alcohol for free“. Naja, dem Schlagerfestivalspaß tut das keinen Abbruch …

AZB Farid Mammadov Hold me
FIN Krista Siegfrids Marry me
MAL Gianluca Bezzina Tomorrow
ICE Eyþór Ingi Gunnlaugsson Ég á líf
GRE Koza Mosta feat. Agathonas Alcohol is free
ARM Gor Sujyan Lonely Planet
HUN ByeAlex Kedvesem
NOR Margaret Berger I feed you my Love
GEO Nodi & Sophie Waterfall
ROM Cezar It’s my Life


…und wo ist Montenegro?

Neben den Big-6 stehen nun die ersten Finalisten für Samstag fest:

EST Birgit Õigemeel Et uus saaks alguse
DEN Emmelie de Forest Only Teardrops
RUS Dina Garipova What if
UKR Zlata Ognevich Gravity
NL Anouk Birds
LIT Andrius Pojavis Something
BLR Alyona Lanskaya Solayoh
MOL Alina Moon O mie
IRE Ryan Dolan Only Love survives
BEL Roberto Bellarosa Love kills

Heute Abend – Semifinale 1

Nach gefühlten drei Monaten aufgeregter Probenblogs diverser Fanboys, die gerade jede Minute vor Ort in Malmö genießen, ist es um 21.00 CET nun endlich so weit – das erste, nach Meinung des eurovisionaers weitaus schächere Semi des Jahres 2013 geht über die schwedische Bühne. Allerdings wird es bei der Auswahl der 10 Finalisten Überraschungen in einem Feld von nur 16 Teilnehmern wohl kaum geben. Egal, der Höhepunkt der Saison ist nahezu erreicht! Allen Eurovisionären wünscht der Blogger – wo auch immer – einen spannenden Abend!


Der eurovisionäre Schauplatz 2013

Modell Bühne 2leer
Neuigkeiten vom Treffen der Delegationsleiter, das bis heute in Malmö stattfand: Der Eurovision Song Contest 2014 in Kopenhagen St. Petersburg Amsterdam oder sonst wo wird voraussichtlich am 13., 15. und 17. Mai stattfinden. Es sei denn, die Ausrichter finden mal wieder keine Veranstaltungshalle oder es kommt irgendein Fußballspiel dazwischen. Außerdem wurde für die diesjährige Ausgabe dem Gastgeber Schweden der Startplatz 16 zugelost. Die Reihenfolge der Auftritte aller anderen Nationen wird am 29. März (für die beiden Semis) bzw. am 17. Mai für das Finale bekannt gegeben. Wie bereits vor einigen Monaten berichtet, wird diese erstmals vom austragenden Sender SVT nach dramaturgischen Gesichtspunkten bestimmt und dann von der EBU abgenickt.

Zum Schluss hatte der für Malmö verantwortliche Produzent Martin Österdahl noch eine kleine Überraschung im Gepäck. Computeranimierte Modellansichten der Bühne liefern einen ersten Eindruck, wie der Wettbewerb 2013 aussehen könnte.  Allerdings lehrt uns die Erfahrung, dass sich vieles später in der Realität dann doch ganz anders darstellt. Abwarten, im Moment siehts eher wie der Vorhof zur Hölle aus….

Modell Bühne 1

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Grafiken: SVT / EBU


Ein Lied für Malmö: Update

Was bisher geschah: Anke Engelke, unser aller Liebling, moderiert am 14. Februar die deutsche Vorentscheidung; Frankreich, Armenien und Zypern lassen diese zwar mehr oder weniger ausfallen, haben sich aber immerhin bereits auf eine/n Vertreter/in geeinigt; die Schweizer Heilsarmee gibt ihren Namen auf und fährt endgültig nach Malmö; die Schweden werden am kommenden Montag offiziell Sarah Dawn Finer als Präsentatorin präsentieren; Alexander Rybak ist vollends verzweifelt und nimmt als Komponist an der norwegischen Vorentscheidung teil… und und und! Die Saison nimmt merklich an Fahrt auf, denn bis auf die britischen Europaskeptiker wenige Ausnahmen stecken alle TV-Sender knüppeltief in ihren eurovisionären Vorbereitungen. Wir geben zurück ins Funkhaus!



Zehn kleine Negerlein

ESC Teilnehmer 2013Da tönen die Schweden, sie wollen 2013 einen kostengünstigen und reduzierten Song Contest hinlegen, sparen dabei an allen Ecken und Enden wie Halle, Moderation, Bühne und Auslosung, und währenddessen beschließt hinterrücks die böse EBU höhere Entgelte für die teilnehmenden Nationen! In der Folge verabschieden sich immer mehr potentielle Beitragszahler: Nach den ewig zaudernden Tschechen und Slowaken beschlossen zuerst Polen und Portugal sich dem Spektakel zu verweigern, nun wollen auch Bosnien-Herzegowina und gar die Türkei zu Hause bleiben.

Allmählich wird es sehr schmerzhaft, waren beide Nationen in den vergangenen Jahren doch fast ausnahmslos mit wahrhaftig eurovisionären, den Wettbewerb aufwerteten Beiträgen am Start. Aber offensichtlich müssen in Zeiten der an jeder Ecke lauernden Finanzkrise Europas TV-Sender mittlerweile sparen, was das Zeug hält. Leider hat sich das noch nicht bis zur EBU nach Genf herumgesprochen. Andererseits wird nirgends wirklich offen gelegt, was den Anstalten der Spaß denn überhaupt kostet und ob ein abendfüllender Song Contest tatsächlich so viel unerschwinglicher als beispielsweise das samstägliche Volksmusikgedudel mit Florian Silbereisen ist…

Wenn denn das liebe Geld also überhaupt der Grund ist. Zwar führten bislang lediglich die Türken die in den letzten Jahren eingeführten Neuregelungen wie z. B. Jury-Voting als Grund ihrer Unzufriedenheit an, möglicherweise gibt es aber auch andere Länder, bei denen das Zufriedenheitsbarometer in den Keller sinkt. Augenblicklich kann die aktuelle Teilnehmerliste daher schon in zehn Minuten wieder hinfällig sein, zumal einige Nationen wie Griechenland, Zypern, Bulgarien und Slowenien immer noch zögern, eine endgültige Meldung abzugeben. Nun sollen bis Jahresfrist Nägel mit Köpfen gemacht werden: Dann nämlich will die EBU das verbindliche Starterfeld benennen.

PS: Ja! Ja! Ja! Diese Headline ist sowas von politisch unkorrekt….

Foto: Clker