Der schlimmste ESC evah?

Der schlimmste ESC evah?

Der Wiener Song Contest nimmt Konturen an. Bis zum heutigen sonnigen Dienstag haben 3/4 aller teilnehmenden Nationen ihre Auswahl für den Jubiläumswettbewerb getroffen, folglich biegen wir nach etlichen Super-Saturdays entspannt auf die Zielgerade ein, da am kommenden Montag offizieller Einsendeschluss ist und alle Beiträge gemeldet sein müssen. Währenddessen steigt im Fanlager nahezu stündlich die Anspannung, mit welchen – guten oder bösen – Überraschungen wohl noch zu rechnen ist.

Das hat einen simplen Grund: Die Anhängerschaft vermisst schmerzlich den einen oder anderen Uptempo-Song, den fetten Dance-Kracher, den Disco-Brüller schlechthin, und gerät zusehends in Panik, die 2015-er Ausgabe könne ein einziges Schnarchfest werden. Wir ertrinken in einem Meer von Balladen, skandieren sie und fordern Happy-Schlager, bis dass die ESC-Schwarte kracht. Allein – niemand erhört diese verzweifelten Rufe! Schnell macht dann ein Urteil die Runde, das als Ultima Ratio alljährlich gerne ausgekramt wird, um mit dieser schier ausweglosen Situation umzugehen. Die Fans ergeben sich ihrem Schicksal und behaupten schlichtweg: Das wird der allerschlimmste ESC der Neuzeit überhaupt!

Zugegeben, ein bißchen mehr gute Laune hätte Wien schon verdient. Ist also Europa einer (den Jurystimmen geschuldeten) kollektiven Depression verfallen und will es unsere österreichischen Gastgeber mit weinerlichen Klageliedern an den Rand des Wahnsinns treiben? Der eurovisionaer, der selbst ja schon einige ESC-Jahre auf dem Buckel hat, geht schnurstracks mal gedanklich die Grand-Prix-Historie durch und schreckt bei der Erinnerung an den 96-er Wettbewerb in Oslo qualvoll zusammen. Denn inmitten der eh schon lahmen Neunziger war das zweifellos der Jahrgang, der die heutzutage nörgelnden ESC-Jungspunde wohl allesamt in den Selbstmord getrieben – zumindest aber für Tiefschlafanfälle in der damals noch nicht etablierten Standing-Area gesorgt hätte. Dagegen konnte selbst die seinerzeit noch als Insidertipp gehandelte Party des Hausherrn kaum anstinken, da der Abend – trotz guten Zuredens und einer Fülle an alkoholischen Getränken – zu einer Mischung aus live übertragenem Staatsbegräbnis und Pyjama-Kuschel-Event mutierte.

Davon sind wir 2015 weit entfernt. Im Gegenteil, behauptet der eurovisionaer mal vorlaut, verfügt die bisher bekannte Wiener Melange über einen überdurchschnittlich hohen Qualitätsfaktor. Leicht gesagt, wenn seine diesjährigen Favoriten Estland und Slowenien ausnahmsweise gar bei den Wettbüros punkten. Aber hey, ist jemandem schon mal aufgefallen, dass uns heuer der ganze absurde, hochnotpeinliche Suzy-Tanja-Axel-Hirsoux-Miracle-Attention-Wild-Soul-Quatsch vollkommen abgeht? Also, locker bleiben, spätestens in drei Wochen haben sich eh alle den diesjährigen Katalog schön gehört und werden bereits Mitte April aus lauter Vorfreude den heiligen Abend schwerlich abwarten können. Foto: Danpape

Update: Um sich von der anstrengenden Posterei kurz zu erholen, klickt der Blogger gedankenverloren den soeben frisch eingetroffenen Loic-Nottet-Belgien-Link. Herrgottsakra! Noch so ein absofuckinglutely geiler Song! I werd narrisch!