Anstoß

Anstoß

Huch! Während die treuen Lokalradios im Lande unverdrossen ihren heimlichen ESC-Sieger 2016 Frans rauf und runter dudeln, schrauben fleißige ESC-Funktionäre derweil hinter den Kulissen bereits an der nächsten Song-Contest-Ausgabe, die bekanntermaßen im Mai kommenden Jahres in Kiew ausgetragen werden soll.

Die Streber unter ihnen kommen in dieser jungen Saison aus Zypern und den Niederlanden. Hat man sich dort doch bereits voller Stolz entschieden, wer in knapp sieben Monaten die Landesfahnen in der Ukraine vertritt! Andere vom Glück weniger begünstigte Fernsehredaktionen wiederum – wie beispielsweise die deutsche – werkeln emsig an Erfolg versprechenden Vorentscheidungskonzepten. Lediglich ganz wenige – so die Dauergäste vom fünften Kontinent – sind noch nicht aus ihrem eurovisionären Dornröschenschlaf erwacht.

Während die Tage also wieder dunkler und kürzer werden, darf die zuletzt von pathologischen Stimmungsschwankungen gebeutelte ESC-Seele frohlocken. Und selbst der jüngst ebenfalls schwächelnde Haus-und-Hof-Blogger bastelt plötzlich putzmunter an einem verheißungsvollen ersten Überblick für die kommenden Wochen.

Übrigens: Wer sich, gerade mal der PED entronnen, sogleich dem Wertungswahnsinn hingeben möchte, kann dieses kurzerhand beim OGAE Video Contest tun, der von fürsorglichen Fanbeauftragten aus Deutschland organisiert wird. Bis zum 31. Oktober dürfen dort mehr oder minder gelungene Musikclips aus allen Herren – und selbstverständlich auch Damen – Ländern durch die Voting-Mangel genommen werden.

Mögen die Spiele beginnen!

Update: Jon Ola Sand höchstpersönlich hat heute die Starterliste 2017 bestätigt. Erneut nehmen 43 Länder teil, selbst die verschlafenen Australier sind aus süßen Träumen aufgewacht und schmieden nun Reisepläne für Kiew.

Foto: eurovisionaer / Pixabay – CC0 1.0 Universell (CC0 1.0) 

Rockiges Zypern

Minus One | Alter Ego

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Und noch einmal geht es beim generationenübergreifenden ESC um Nacktheit. Minus One – ihres Zeichen Vertreter der geteilten Republik Zypern – sind bekannt dafür, alle Studioaufnahmen nackt einzuspielen. Auf der Stockholmer Bühne jedoch wollen es die strammen fünf Herrn züchtiger angehen lassen. Dort liefern sie solide verpoppten Rock mit kleinem Schönheitsfehler ab: Co-Autor ist nämlich die schwedische Songfabrik Thomas G:Son. Wenn’s denn sein muss: Die mit ihm verknüpfte Erfolgsformel sollte ausreichen, ein halbwegs respektables Ergebnis einzufahren.

Bestes Mal (u.a.): Lisa Andreas | Stronger Every Minute

Letztes Mal: John Karayiannis | One Thing I should have done


Wer zu spät kommt…

wieder daSo. Nach einer Woche bürger- weltmeisterlichem Partyrausch, seinen unendlich vielen Bierchen, nächtlichen Abklatschern, einem Jahr mehr auf dem schmerzenden Buckel und zwei weiteren das Sixpäck verdeckende Kilos ist der eurovisionaer wieder im Soll am Platz und kümmert sich um das, was im Leben in der ESC-Blase wirklich wichtig ist.

Während sich unsere österreichischen Freunde inmitten aller WM-Euphorie dezent mit der Bekanntgabe des eurovisionaeren Wallfahrtsortes 2015 zurückgehalten haben, sorgen heuer zwei andere Song-Contest-Schwergewichte für Schlagzeilen. Malta und Zypern haben ihren Besuch im kommenden Jahr in Innsbruck (oder doch Wien?) bestätigt. Vorbildlich, denn nur wenige Tage zuvor hatte die EBU seine Pappenheimer aufgefordert, nicht wieder so einen Eiertanz wie vor der Kopenhagener Saison aufzuführen und gefälligst bitte bis zum 10.10. Bescheid zu geben, ob Jan Ola mit ihrem Erscheinen zur 60. Wettbewerbsausgabe im Mai 2015 rechnen darf. Quasi eine dieser neumodischen Save-The-Date-Dinger, damit sich später auch keiner drücken kann. Aber zurück zu den beiden Inseln.

Diese haben nämlich nicht einfach kurz Meldung gegeben, sondern bereits ihre komplette Vorentscheidung für den Jubiläumsjahrgang durchgeplant. Und ähnlich wie zuletzt der eurovisionaer, haben sie dabei wohl nicht an alkoholischen Getränken gespart. Anders lässt es sich nämlich kaum erklären, dass sich ausgerechnet Zypern, das noch 2014 wegen chronischer Finanzierungsschwierigkeiten ausgesetzt hatte, ein offensichtlich mello-inspiriertes Format mit diversen Vor- , Zwischen- , Halbfinal- und Endrunden leisten möchte, welches logischerweise ob seiner Üppigkeit schon im Herbst starten soll. Anders als dieser vom Grundgedanken her eigentlich ganz basisdemokratische Auswahlmodus (schließlich sind die Chancen für den Zyprioten an sich recht hoch, irgendwo in diesem Mammutprojekt mitsingen zu dürfen), so trägt das Vorhaben der Malteser schon fast diktatorische Züge.

Auch die sieben in mehreren Instanzen aus, allerdings wird der gemeine Televoter darauf mit lediglich 14 %  Einfluss nehmen können. Den Rest des Entscheidungskuchens darf sich eine – wahrscheinlich senile – Experten-Jury einverleiben, die zudem das Recht erhält, bei Missfallen den Siegertitel komplett auszutauschen. Das kannten wir bislang nur aus Weißrussland! Clever auch der Zeitpunkt dieses absehbaren Kuhhandels: Da der vom eurovisionaer verhassste Junior-ESC eh schon in Valetta stattfindet, nutzt der sparsame heimische Sender PBS schnell die dann vorhandene Bühne, um den glamourösen Maltasong For Europe über selbige zu bringen. Am 22. November 2014. Anschließend hat der Kandidat Maltas schlappe sechs Monate Zeit, in Vergessenheit zu geraten quer durch Europa zu tingeln.

Update: Bei so viel eurovisionaerer Vorfreude lassen sich auch die Mazedonier nicht lumpen, wie ESC-United in diesem Moment berichtet: Denn, obschon sich diese erst kürzlich im Rahmen einer vom verantwortlichen Sender veröffentlichten Umfrage mehrheitlich gegen eine erneute Song-Contest-Teilnahme ausgesprochen hatten, sind sie nun auch in Wien … äh Innsbruck wieder dabei. Gut so!


Mal wieder durchgemogelt?

AZBAzerbaijan – twelve Points! Das haben wir vergangenen Samstag zehnmal gehört. Abgesehen von den üblichen Verdächtigen Russland und Georgien kamen sie ebenso wieder aus Bulgarien, Malta und Litauen. Insbesondere die Höchstwertung aus der baltischen Republik sorgt dieser Tage für Aufmerksamkeit, nachdem einen Abend vor dem großen Finale ein litauisches Video auftauchte, dass einen angeblichen Deal zu Gunsten Aserbaidschans dokumentierte. Dabei sollen größere Geldbeträge denjenigen versprochen worden sein, die im Gegenzug am Samstag – und mit entsprechenden SIM-Karten versorgt – für den kauskasischen Staat anrufen.

Ähnliche Vorwürfe gab es bereits letztes Jahr, als sich Verantwortliche des zypriotischen TV-Senders CyBC wunderten, dass dem aserbaidschanischen Beitrag acht Punkte aus Zypern zuteil wurden, obschon die Jury dem Song keine Stimme gab. Eine Beeinflussung des Televotings scheint in bevölkerungsärmeren Staaten, gerade wenn diese nicht am Finale teilnehmen und daher über wenig Zuschauerresonanz verfügen, besonders erfolgversprechend zu sein. Bis heute ist nicht bekannt, ob die EBU den damaligen Fall untersuchen ließ.

Am vergangenen Sonntag, kurz nachdem das zuvor erwähnte Video publik wurde, gingen nun die Aseris selbst in die Offensive: Sie reklamieren nun ebenfalls Unstimmigkeiten beim Malmöer Voting, weil nämlich der Bruderstaat Russland am Samstag keine Punkte aus Baku erhalten hatte, obschon die Jury angeblich „eine hohe Punktezahl“ an die russische Sängerin vergeben habe. Der (für seine Nähe zur Demokratie nicht gerade bekannte) Präsident Aliyev solle nun höchtspersönlich eine erneute Stimmenauszählung vorantreiben. Zur gleichen Zeit bevölkern aserbaidschanische „Fans“ diverse Internetforen und werfen den armenischen Anhängern vor, sie hätten das Video fingiert, um dem Nachbarstaat zu schaden.

Das liest sich in der Summe wie ein gelungener Kindergeburtstag, könnte dem Wettbewerb letztlich aber erheblich schaden, zumal man westlich von Berlin nicht müde wird, alljährlich Schiebung und Nachbarschaftshilfe hinter den eigenen schlechten Platzierungen zu vermuten. Dennoch ist es erstaunlich, dass die EBU heute offiziell nochmals die Richtigkeit der aserischen Punktevergabe bestätigte und darüber hinaus die Manipulationsvorwürfe kommentierte, wo sie doch sonst derartige Meldungen einfach aussitzt:

„Sollten wir Beweise dafür finden, dass Regeln gebrochen wurden, einschließlich versuchter Power-Votings, werden wir unverzüglich das tun, wozu wir unseren Mitgliedern gegenüber verpflichtet sind: die Marke Eurovision Song Contest zu schützen.“

Ob den Worten Taten folgen, werden wir sehen. Sollte sich der Stimmenkauf jedoch bewahrheiten, ist die Lösung des Problems ganz einfach: die Aseris – und alle anderen, die es ihnen gleichtun – in hohem Bogen vor die Tür setzen!

Update: Mittlerweile nimmt die Auseinandersetzung immer skurrilere Formen an. Nun hat sich auch Weißrussland zu Wort gemeldet. Dessen Präsident Alexander Lukashenko zweifelt ebenfalls an der Rechtmäßigkeit der Ergebnisse, da sein Reich aus Russland keinen einzigen Punkt erhalten habe. Allmählich wird immer deutlicher, welche Vorstellungen einige osteuropäische Länder von einem fairen Wettbewerb tatsächlich haben. Die EBU sitzt in der Falle, wenn sie nicht schnellstens alle nationalen Wertungen veröffentlicht und das Verhältnis zwischen Televoting und Juryabstimmung transparent macht. Daran, dass der Eurovision Song Contest nicht allein munteres Wettsingen, sondern seit Jahren auch zu einer politischen Bühne verkommen ist, wird das jedoch nichts ändern.

Grafik: eurovisionaer

Ein Lied für Malmö: Update

Was bisher geschah: Anke Engelke, unser aller Liebling, moderiert am 14. Februar die deutsche Vorentscheidung; Frankreich, Armenien und Zypern lassen diese zwar mehr oder weniger ausfallen, haben sich aber immerhin bereits auf eine/n Vertreter/in geeinigt; die Schweizer Heilsarmee gibt ihren Namen auf und fährt endgültig nach Malmö; die Schweden werden am kommenden Montag offiziell Sarah Dawn Finer als Präsentatorin präsentieren; Alexander Rybak ist vollends verzweifelt und nimmt als Komponist an der norwegischen Vorentscheidung teil… und und und! Die Saison nimmt merklich an Fahrt auf, denn bis auf die britischen Europaskeptiker wenige Ausnahmen stecken alle TV-Sender knüppeltief in ihren eurovisionären Vorbereitungen. Wir geben zurück ins Funkhaus!


Zehn kleine Negerlein

ESC Teilnehmer 2013Da tönen die Schweden, sie wollen 2013 einen kostengünstigen und reduzierten Song Contest hinlegen, sparen dabei an allen Ecken und Enden wie Halle, Moderation, Bühne und Auslosung, und währenddessen beschließt hinterrücks die böse EBU höhere Entgelte für die teilnehmenden Nationen! In der Folge verabschieden sich immer mehr potentielle Beitragszahler: Nach den ewig zaudernden Tschechen und Slowaken beschlossen zuerst Polen und Portugal sich dem Spektakel zu verweigern, nun wollen auch Bosnien-Herzegowina und gar die Türkei zu Hause bleiben.

Allmählich wird es sehr schmerzhaft, waren beide Nationen in den vergangenen Jahren doch fast ausnahmslos mit wahrhaftig eurovisionären, den Wettbewerb aufwerteten Beiträgen am Start. Aber offensichtlich müssen in Zeiten der an jeder Ecke lauernden Finanzkrise Europas TV-Sender mittlerweile sparen, was das Zeug hält. Leider hat sich das noch nicht bis zur EBU nach Genf herumgesprochen. Andererseits wird nirgends wirklich offen gelegt, was den Anstalten der Spaß denn überhaupt kostet und ob ein abendfüllender Song Contest tatsächlich so viel unerschwinglicher als beispielsweise das samstägliche Volksmusikgedudel mit Florian Silbereisen ist…

Wenn denn das liebe Geld also überhaupt der Grund ist. Zwar führten bislang lediglich die Türken die in den letzten Jahren eingeführten Neuregelungen wie z. B. Jury-Voting als Grund ihrer Unzufriedenheit an, möglicherweise gibt es aber auch andere Länder, bei denen das Zufriedenheitsbarometer in den Keller sinkt. Augenblicklich kann die aktuelle Teilnehmerliste daher schon in zehn Minuten wieder hinfällig sein, zumal einige Nationen wie Griechenland, Zypern, Bulgarien und Slowenien immer noch zögern, eine endgültige Meldung abzugeben. Nun sollen bis Jahresfrist Nägel mit Köpfen gemacht werden: Dann nämlich will die EBU das verbindliche Starterfeld benennen.

PS: Ja! Ja! Ja! Diese Headline ist sowas von politisch unkorrekt….

Foto: Clker


Ja, ist denn schon Weihnachten….?

Nein, zum Glück noch nicht! Doch unbemerkt vom gemeinen Eurovisionsanhänger, der das Festival ausschließlich auf das Frühjahr datieren würde, beginnen in zahlreichen europäischen TV-Redaktionsstuben bereits Anfang September und unter strengster Geheimhaltung erste interne Vorauswahlen, derweil sich an anderen Orten schätzungsweise ganze Politbüros die Köpfe nach gewinnbringenden ESC-Strategien heiß diskutieren. Wie schon im letzten Jahr sind dabei die Eidgenossen die schnellsten, denn auf deren Webseite können wir bereits seit dem 01.09. zahlreiche potentielle Siegertitel Einreichungen vorhören, von denen bislang eine schräger als die andere ist. Und auch in Deutschland wird an diesem Wochenende „Unser Star für Baku“ vorgecastet und eine neue Lena Meyer-Landrut geboren. Indessen haben sich die Zyprioten längst auf die Sängerin Ivi Adamou geeinigt und halten jetzt nur noch nach dem für sie passenden Liedgut Ausschau. Sprich – die Saison nimmt an Fahrt auf und schon bald wird der Hardcorefan alle 146 bulgarischen Vorentscheidungstitel mitsingen können und sich wie jeden Winter über die undurchschaubaren Machenschaften der ukrainischen Jury aufregen.

Baku 2012 – nun also doch? Ja, denn während die Aseris der EBU hoch und heilig die rechtzeitige Fertigstellung des Protztempels Baku Crystal Hall – dank der millionenschweren Auftragsvergabe an eine deutsche Baufirma – versprechen, für den Fall der Bauverzögerung wie gefordert mindestens 246 alternative Austragungsorte benannt haben und im Worst Case sogar die Frau des Präsidenten Aliyev, Mehriban, an den Westen verkaufen würden (wogegen diese sicher nichts einzuwenden hätte), können die Kritiker der Bewerbung allmählich „nur“ noch Menschenrechtsverletzungen anführen, die gegen eine Austragung in Aserbaidschan sprechen. Und auch für dieses Argument werden sich die cleveren Kaukasen bestimmt noch etwas einfallen lassen!