Alle zusammen

Endlich, seit vergangenem Sonntag wissen wir, was von der ESC-Saison 2019 zu erwarten ist. Nach langen Wochen zermürbender Vorentscheidungsmarathone, diverser Skandale und überraschenden Entscheidungen, stehen die 41 Beiträge für Tel Aviv nunmehr fest. Wie viele andere Fans auch, ist der sonst ewig nörgelnde eurovisionaer mit dem diesjährigen Angebot mehr als zufrieden: Schließlich gehen nicht wenige Kandidaten ordentlich auf Risiko, anstatt auf das ewig gleiche Muster tausendmal gehörter ESC-Mucke zu setzen. Außerdem singen immerhin zehn Länder in der eigenen Landessprache und verabschieden sich (hoffentlich nicht nur vorübergehend) vom formatierten englischen Radiogedudel vergangener Jahre. Keimt hier ein schüchterner Ansatz, den Contest wieder diverser und damit interessanter zu machen? Die gerne als Maßstab benutzten Wettquoten weisen in ihrer Unentschlossenheit zumindest zaghaft darauf hin.

Deutschland allerdings hat all diese lobenswerten Tendenzen erfolgreich ignoriert. In einem Anfall von Nostalgie entschieden sich die heimischen Televoter rechtzeitig zum 40-jährigen Jubiläum der Kultband Dschingis Khan mal wieder für einen Beitrag, der aus ökonomischen Gründen auch gleich Name der Interpreten ist. Das an sich ist noch ganz putzig, klänge er nicht gleichsam so, als habe Ralph Siegel schlaftrunken in den Entwürfen seiner Musical- und 08-18-Einheitspop-Schublade gewühlt. Doch zu verdenken ist es den vermutlich völlig entnervten Zuschauern nicht, ward doch das, was sich der zuständige NDR unter einer Vorentscheidung vorstellt, erschreckend blutleer und ideenarm wie nie zuvor heruntergespult (Ungereimtheiten bei der Vorauswahl und dem Abstimmungsverfahren mal ganz außer Acht gelassen). Kurzum: Der deutsche Titel besitzt gigantisches Fremdschämpotential und wird in Israel absehbar nur sehr hartgesottene Zeitgenossen in Ekstase versetzen.

Anders hätte es für die Ukraine laufen können, die mit der Sängerin Maruv eine kommende ESC-Ikone am Haken hatte. Dann jedoch setzte es sich die staatlich beauftragte Großinquisitorin Jamala zum Ziel, alle hoffnungsfrohen Künstler vor laufenden Kameras (und notfalls unter Tränen) auf Parteilinie zu bringen – und prompt nahm das Unheil seinen Lauf. Denn die freche Maruv wollte künftigen Auftritten im Nachbarstaat Russland partout nicht abschwören, der Ukraine wiederum ging‘s ums Prinzip, den Gesangswettstreit als politisches Schlachtfeld zu missbrauchen. Das Ende vom Lied: Anstatt wenigstens für einen Abend friedlich aufeinander zuzugehen, zogen die Verantwortlichen in Kiew die Reißleine und meldeten sich gänzlich ab. Der klassische Schuss ins eigene Bein. Auch das ist Europa 2019.

Und noch bevor in wenigen Wochen die Proben für den 64. Song Contest beginnen, droht weiteres Ungemach. Die isländische Band Hatari stänkert gegen Israels Ministerpräsidenten Netanjahu, der wiederum rückt die Knete, die dem öffentlich-rechtlichen Sender KAN für die Organisation des ESC längst zugesagt war, nicht raus. Das indessen bringt die altehrwürdige Genfer EBU an den Rand einer tiefen Ohnmacht, ebenso wie die Ankündigung, ein lokaler Milliardär wolle die alte Bitch Madonna als eurovisionären Interval für die Fanilienshow verpflichten, damit diese in Tel Aviv ein provokantes Liedchen zum Besten gebe.

Drama-Queens aufgepasst! Da kommt noch einiges an schlechtem Schauspiel auf uns zu. Höchste Zeit also, dass der ESC seine eigene Soap auf Netflix bekommt. Bis es so weit ist, vertrödelt der eurovisionaer ein wenig die Zeit mit einer – seiner Meinung nach – fabulösen Playlist des Jahrgangs 2019.

01SLOZala Kralj & Gašper ŠantlSebi
02UKRMaruvSiren Song
03FRASeemoneTous les deux
04ICEHatariHatrið mun sigra
05BELEliotWake up
06NEDDuncan LaurenceArcade
07AUSKate Miller-HeidkeZero Gravity
08GERAly RyanWear your love
09PORSurmaPugna
10ITAMahmoodSoldi
Grafik: eurovisionaer

Das Volk wählt seinen neuen König

Dass uns demokratisch getroffene Entscheidungen zuweilen an den Rand des Wahnsinns bringen können, erleben wir seit geraumer Zeit im politischen Europa. Täglich neue Überschriften zur Brexit-Debatte erinnern an jenen, bis heute nachwirkenden Tag im Juni 2016, an dem die Demokratie wahrlich keine ihrer sonst sprichwörtlichen Sternstunden erleben durfte.

Eine Nummer kleiner – auf unseren Lieblingsschlagerwettbewerb bezogen – machen dieser Tage ebenfalls Volksabstimmungen, hier ganz geschmeidig Televoting genannt, von sich reden. Vergangenen Samstag suchte beispielsweise Frankreich seinen Beitrag zum ESC in Tel Aviv und bediente sich dabei einer bislang bewährten Entscheidungsform. Zur einen Hälfte sollten europäische Experten, zur anderen die gemeine Fernsehzuschauerschaft ihr Votum abgeben.

Ähnlich wird mittlerweile auch beim großen internationalen Finale verfahren, nachdem noch in der ersten Dekade der 2000er Jahre direkte Demokratie erprobt wurde. Damals durfte ausschließlich der Zuschauer bestimmen, welcher Beitrag als das beste Lied des Abends prämiert werden sollte. Problem nur: von dieser Form der Basisdemokratie machten hauptsächlich – und nicht uneigennützig – die Osteuropäer Gebrauch, während das alte, westliche Europa ob der Ergebnisse murrte. Noch schlimmer waren eurovisionäre Entscheidungsprozesse im vergangenen Jahrtausend. Bis 1997 entschieden unter Ausschluss der Öffentlichkeit einzig und allein irgendwelche Juroren über das Wohlergehen des kontinentalen Schlagers – politikwissenschaftlich am ehesten unter dem Begriff Demarchie geläufig und aus heutiger Sicht ein Skandal.

Zurück nach Frankreich. Kurz nach 23 Uhr wurden dort die Einschätzungen der ESC-Promis aus allen Herren Länder abgefragt, als das Unheil auch schon seinen Lauf nahm. Ignorierten die Experten doch nahezu allesamt den Liebling des Volkes, Bilal Hassani, eine neunzehnjährige, offen schwule Youtube-Ikone marokkanischer Abstammung, dessen Beitrag „Roi“ ein mittlerweile eigentlich ausgelutschtes LGBT-Selbstverständnis mit allem landläufigen Pomp und Pathos garniert in Szene setzte. Noch schlimmer: Die Juroren präferierten ausgerechnet die ganz und gar unscheinbare Seemone, die wiederum ein Chanson der alten Schule vortrug und es konsequenterweise ihrem Vater widmete.

Kurz vor der finalen Publikumsabstimmung sah es für Bilal hoffnungslos aus, doch dann bewies der, wie sich heutzutage dank Sozialer Medien Stimmvieh mobilisieren lässt. Und während die aufgepeitschte Zuschauerschaft im Pariser Studio ihrer Anspannung nur noch durch wechselweises Kreischen, Stöhnen oder Pfeifen Herr werden konnte, donnerten die Ergebnisse an die Anzeigetafel. Bilal rauschte an allen Konkurrenten vorbei und ließ sich standesgemäß gerührt, aber in der Sache unbeirrt als verdienter Sieger feiern.

Prompt entbrannte nicht nur unter ESC-Fans eine mehr als aufgeladene Diskussion darüber, ob das Ergebnis überhaupt demokratisch legitimiert sei, habe doch Bilals heimische Followerschaft mittels Powervoting die Expertise der internationalen Fachleute ad absurdum geführt. Interessanterweise wird dabei unterschlagen, dass diese keinesfalls als Vorsitzende einzelner Gremien, sondern in Folge irgendeines Hinterzimmerdeals mit TV2 als Max Mustermann und Lieschen Müller nur nach eigenem Gutdünken abstimmten.

Viel Aufregung um nichts. Andererseits könnte man sich fragen, ob hier ein allzu schriller Vertreter der LGBT-Community verhindert werden sollte. Erst recht, nachdem im Anschluss an die samstägliche Entscheidung ein homophober Mob im Netz aufs übelste gegen den Sänger wettert. Der geht nun gegen die Drohungen juristisch vor und dürfte in einer stillen Stunde als neuer König von Frankreich über die unseligen Netzgeister, die er rief, sinnieren.

Foto: euovision.tv / Low Wood

Es geht schon wieder los

Während in der Fanblase Auslosungen, Slogans und Logo-Entwürfe mit großem Eifer diskutiert werden, plagt den eurovisionaer unübersehbar eine große ESC-Müdigkeit. Stoisch hat er zum munteren Treiben rund um die Lissabonner Saison geschwiegen, obschon ihm letztendlich der Triumph der israelischen Diva vor einigen Monaten in Portugals Hauptstadt ein Lächeln entlockt hatte.

Die sich anschließende PED überstand er schadlos und genoss statt dessen einen Jahrhundertsommer. Selbst, als die Tage wieder kürzer wurden, hielt sich sein Verlangen, nach ersten Vorentscheidungssongs der Saison zu fahnden, in Grenzen. Sicher, die politisch korrekte Entscheidung für Tel Aviv und damit gegen Jerusalem vernahm er mit Erleichterung. An hektischen Reiseplanungen für den Mai 2019 beteiligte er sich dennoch nicht.

Unter dem Motto „Dare to dream“ will sich die ESC-Community demnächst dort also treffen. Und so schön es ist, wenn man zu träumen wagt, so leer und reproduzierbar sind doch die Ausführungen der ESC-Offiziellen, wenn sie von ihrem diesjährigen Claim schwärmen. Könnte er nicht genauso gut ein brandneues SUV-Modell, eine besonders unsinnige Versicherungsleistung oder die beste jemals getestete Matratze bewerben?

Der ursprünglich so bizarre ESC hat es über die Jahre geschafft, zum formatierten Allgemeingut zu mutieren. Eingebettet in eine immer gleiche Abfolge von Medienevents lockt er mit der Suche nach Austragungsorten, Slogans und Moderatoren, zelebriert eine sinnfreie Insignienübergabe und lässt seine Kandidaten über rote Teppiche stolzieren. Seine TV-Shows gleichen mittlerweile wie ein Ei dem anderen, egal ob in Kiew, Lissabon oder nun eben Tel Aviv. Und zum Sieger des Abends wird mittlerweile längst nicht mehr das beste Lied gewählt, wenn es keine Botschaft zu gesellschaftlichen Aufregern wie „Metoo“ (Netta), Tagespolitik (Jamala) oder Diversity (Conchita) transportiert.

Ach, was waren das für Zeiten, als sich in Brighton Agnetha in ihre blaue Pumphose quälte, Celines Frisörin in Dublin streikte und Lena Meyer-Landrut für Oslo eine extra Lage tiefroten Lippenstift auflegte. Oder als sich Marie Myriam einfach auf eine Londoner Bühne stellte und sang.

Eine ähnlich wehmütige Erinnerung erfasste den Blogger, als er vor kurzem den Beitrag einer jungen Französin entdeckte, die sich im Rahmen einer nationalen Vorentscheidung um ein Ticket nach Tel Aviv bewarb. Selbstverständlich blieb sie hinsichtlich medialer Aufmerksamkeit und Trashfaktor chancenlos, aber was soll‘s, solange es noch solche Momente gibt, die ein flirrendes Licht ins eurovisionäre Einheitsgrau zaubern? Und so ergab sich recht unverhofft eine kleine, aber feine Gelegenheit, diesem vor sich hin dümpelnden Blog ein wenig Leben einzuhauchen.

In diesem Sinne: Good Evening Europe!

Grafik: eurovision.tv

Schwarz ist bunt genug

Ecken und Kanten wurden uns versprochen, mehrfach war von einem radikalen Neuanfang die Rede. Was das Eine mit dem Anderen und zu guter Letzt mit der gestrigen Live-Sendung „Unser Lied für Lissabon“ zu tun hatte, erschließt sich selbst nicht auf den vierten Blick. Denn die war einfach nur grottenschlecht.

Deren Sieger – ein guter Repräsentant für alles Konformistische der Branche, angefangen bei seinem Namen: Er, Michael Schulte aus Buxtehude, schwimmt aalglatt und radiotauglich, wenn auch abseits der großen Majorlabels, durch das Paralleluniversum der vorgeblich verkannten Youtube-Stars. Dort postet er rührselige Popliedchen, die millionenfach gelikt werden. Auch gestern Abend erreichte er seine Zuhörerschaft und versetzte sie in einen Zustand, den viele als emotional ergreifend beschreiben. Und das ist beim deutschen Vorentscheid die halbe Miete. Dass er während der Show selbst eher unbeteiligt wirkte, seinen Auftritt mit plakativen LED-Claims und stimmlichen Wacklern garnierte – kein Thema. Vorerst.

Denn der NDR liegt sich vor lauter Glückseligkeit erst einmal wieder selbst in den Armen. Und mit ihm die deutschen Fans. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf. Jeder weiß: Noch einen Rang am Ende der ESC-Tabelle dürfte die Nation wohl kaum verkraften. Also fühlt man sich ein wenig sheeranesk (funktioniert mit Blick auf die Charts todsicher) und in der Tradition des portugiesischen Vorjahressiegers stehend. Perfekt.

Fernsehtechnisch dagegen gar nicht perfekt war der Abend eine einzige Katastrophe. Angefangen bei einem lausigen Skript, das nicht nur mittels zwölfundachtzig Schnelldurchläufen wie Gummi in die Länge gezogen wurde. Auch die müden Einspieler, einfallslose Kameraarbeit, ein angestaubtes Bühnenbild, gähnend langweilige Lichteffekte, hin zu einer unterirdischen Moderationsleistung (die gar den eurovsionaer nötigte, sich die ins Exil verbannte Barbara Schöneberger zurückzuwünschen) – in toto schlicht unprofessionell.

Ähnlich wie die flapsigen, jedoch völlig überflüssigen Kommentare von Kult-Urban und Rate-Elton zu den Beitragen unserer europäischen Mitstreiter. Eine ganz schräge Nummer: Ausgerechnet die Deutschen, die notorischen Loser in der ESC-Gemeinde, legen eine dickdreiste Überheblichkeit an den Tag, die bei den NDR-Funktionären nicht erst seit gestern zu beobachten ist. Und womöglich auch ein Grund, warum heimische Einreichungen gerne mal mit Null Punkten abgestraft werden (was dann der besagte Kult-Peter gar nicht versteht).

Zurück zum gestrigen Abend, an dem es – regelmäßige Leser dieses Blogs werden sich jetzt irritiert die Augen reiben – auch sehr wohl Lichtblicke gab. Zu ihnen gehörten die europäische Jury und das bislang stets unerklärbare Eurovisionspanel (von dem wir seit gestern wissen, dass es nichts anderes als die per Demoskopie bestimmten, repräsentativen Zuschauer der Reiberschen Vorentscheide der Achtziger sind). Schließlich verhinderten sie die piefig-peinlichen Resultate der über die Jahre eingelullten deutschen Televoter, bei denen Ryk und Darcy allein natürlich kaum eine Chance gehabt hätten.

Übrigens. Einzig der Weltenbummler Xa4 (so nennen ihn pubertierende ESC-Maniacos gerne mal) zauberte ansatzweise den Meyer-Landrutschen Geist aus dem tristen Fernsehstudio vor die heimischen Bildschirme. Leider waren letztendlich dann aber doch die Haare wahlweise zu lang oder zu fettig, die Beine zu dünn oder das Liedgut zu kantig. Immerhin ein verdienter zweiter Platz.

… trotz eines lächerlichen Votingsystems á la NDR, aus dem alle Spannung nach ein paar Minuten entwichen war und die Grazien Natia und Ivy unfreiwilligerweise (?) als Verliererinnen vorführte, so dass Letztere wahrscheinlich mehr als einmal ihren vorschnellen Umzug von New York nach Berlin bitter bereute.

Machen wir also einen Strich unter die norddeutschen ESC-Bemühungen und ziehen ein Fazit.

Der eurovisionaer meint: Nun reicht es dann auch mit dem NDR! Unabhängig vom Abschneiden in Lissabon (was zum jetzigen Zeitpunkt gar niemand ernsthaft einordnen könnte), das nationale TV-Format und der überwiegende Teil der gestern vorgestellten Lieder waren handwerklich unter aller Kanone. Seit Jahren bekommen wir dieselben Versprechungen und später die gleiche Soße in Schattierungen von grau präsentiert, während sich irgendein schamloser Unterhaltungsredakteur dafür vor laufenden Fernsehkameras auch noch auf die matschige Schulter klopft.

Gebt den deutschen Vorentscheid einfach in die Hände von mutigen und kreativen Köpfen, denn diese gibt es definitiv auch unter öffentlich-rechtlichen Dächern. Macht nicht auf dicke Hose, sondern liefert – die deutschen Fans, von denen viele Euch seit Jahren trotz allem Unfug stets aufs Neue die Treue halten, haben es verdient.

PS: Alternativer Lösungsvorschlag – Portugal heischt in diesem Jahr um Aufmerksamkeit mit einem Lied ohne Titel. Wie wäre es, wenn Deutschland einfach mal auf das Lied verzichtet und drei Minuten Stille präsentiert? Nach den zuletzt gemachten Erfahrungen wäre Europa womöglich begeistert.


Der NDR meldet Vollzug

Drei The Voice-Kandidaten, zwei Singer-Songwriter, einmal Schlager: Es hätte weiß Gott schlimmer kommen können! Heute veröffentlichte der NDR die (von quengelnden Fanboys sehnsüchtigst erwartete) Shortlist für den deutschen Vorentscheid 2018. Ob es für diese sechs Kandidaten einer internationalen Jury und eines 200-köpfigen Eurovisionspanels bedurft hätte, mag ernsthaft bezweifelt werden. Doch leider gibt es – wie schon an anderer Stelle vermutet – derzeit wohl wenige bis gar keine etablierten Musiker in Deutschland, die sich am Eurovision Song Contest die Finger verbrennen wollen. Sei’s drum, der dickste Brocken ist ob aller NDR-Vorfreude noch nicht aus dem Weg geräumt: Im Verlauf des Januars „werden in einem dreitägigen Song Writing Camp bis zu 15 nationale und internationale Texter, Komponisten und Produzenten gemeinsam mit den sechs Acts (hoffentlich gute – Anm. des Bloggers) Lieder entwickeln. Auf Grundlage dieses Materials wird im Anschluß entschieden, welcher Song für wen der richtige ist und wie er inszeniert werden kann“. Hallelujah, diese NDR-Sprech kennen wir schon seit einigen Jahren, aber irgendwann findet das blinde Huhn bekanntermaßen ja auch mal ein Korn.

Xavier Darcy
Der Singer/Songwriter aus München hat britische und französische Wurzeln. In diesem Jahr hat er sein Debüt-Album „Darcy“ veröffentlicht, das in den Top 50 der iTunes-Charts stand, vorher hatte er bereits zwei EPs herausgebracht. Er trat auf zahlreichen Festivals auf, war u. a. bei „Inas Nacht“ im Ersten zu Gast und spielte als Support bei Tourneen von Rea Garvey und Joris.

Ryk
Rick Jurthe studierte an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover Populäre Musik. In den vergangenen Jahren veröffentlichte er mehrere EPs, bis 2015 unter seinem alten Pseudonym FOXOS. Seit 2016 ist Ryk der musikalische Leiter und Komponist der europaweit erfolgreichsten Akrobatikshow „Feuerwerk der Turnkunst“. Er gewann mehrere renommierte Newcomer-Preise und spielte auf zahlreichen, auch internationalen Festivals.

Ivy Quainoo
Für ihr Debüt-Album bekam sie aus Berlin aus dem Stand heraus Gold, 2013 wurde sie mit dem Echo als „Beste Künstlerin Rock/Pop national“ ausgezeichnet und tourte im November 2017 zum dritten Mal mit ihrer Band in Deutschland. Ivy ist die bislang erfolgreichste Gewinnerin der deutschen Staffel von „The Voice of Germany“. Seit zwei Jahren lebt sie überwiegend in New York und studiert dort an der renommierten Schauspielschule The American Academy of Dramatic Arts.

Michael Schulte
Der Flensburger spielt vor einem riesigen Publikum – im Netz: Sein YouTube-Kanal hat mehr als 50 Millionen Views und knapp 200.000 Abonnenten. Ein Großteil seiner über 1,2 Millionen Spotify-Streamabrufe pro Monat kommt aus Schweden, Norwegen, England und den USA. Inzwischen hat der Singer/Songwriter  erfolgreich sieben Alben und EPs veröffentlicht.

Natia Todua
Die Georgierin ist nach Deutschland gekommen, um hier ihren Traum von einem Leben als Musikerin und Sängerin verwirklichen zu können. Sie arbeitet als Au-pair und gewann in diesem Dezember mit großem Abstand die jüngste Staffel von „The Voice of Germany“. Gemeinsam mit den fünf weiteren Sängerinnen und Sängern der Show ist sie derzeit auf bundesweiter Tour.

voXXclub
Fünf Sänger aus drei Ländern, ihre Mitglieder Florian Claus, Stefan Raaflaub, Korbinian Arendt, Christian Schild und Michael Hartinger mischen Traditionelles mit Modernem und hinterlegen dazu groovende Beats und Sounds – fertig ist die neue deutsche Volksmusik. Ihre Videos sind im Netz millionenfach geklickt, das Debüt „Alpin“ bekam Platin, dreimal waren sie für den ECHO nominiert.

Quelle: NDR-Pressetext
Foto: Universal Music / Severin Schweiger

Merry Xmas Everybody!

Category : Artikel 2018

Wie rasch werden doch aus irgendwelchen kreativen Launen so etwas wie – nicht erschrecken – Traditionen! Die dann auch noch regelmäßig bedient werden wollen, herrje! Doch tugendhaft, wie er nun manchmal ist, hat sich der eurovisionaer ans weihnachtliche Werk gemacht und grad gestern den mittlerweile dritten ESC-Xmas-Mix auf den Server gelegt. Wohl wissend, dass seine Ursprungsidee allmählich ausgereizt ist, aber psssst… möge es der werte Zuhörer nicht allzu schnell bemerken.

Ihm und allen anderen Besuchern dieser kleinen Seite wünscht der eurovisionaer besinnliche Feiertage und ein friedvolles Jahr 2018!

ESC Remixed – Christmas Edition 2017


Tracklist

01 ITA17 Francesco Gabbani – Occidentali’s Karma (Piano Version)
02 FRA96 Dan Ar Braz & L’Héritage Des Celtes – Diwanit bugale (Album Version)
03 LUX73 Franck Pourcel – Tu te reconnaitras (Cover)
04 MAC16 Kaliopi – Donna
05 FIN17 Norma John – Blackbird
06 UK97 London Gay Men’s Chorus – Love shine a Light (Cover)
07 DEN10 Bryan Rice – Breathing (Preselection)
08 SWE09 Malena Ernman – La Voix (acoustic Version)
09 NED71 Saskia en Serge – Tijd
10 BEL89 Ingeborg – Door de Wind
11 ICE10 Hera Björk – Je ne sais quoi (Candle Light Version)
12 NED75 Raymond Lefèvre – Ding-A-Dong (Cover)
13 SLO99 Darja Svaijger – Se tisoc let (slovenian Version)
14 GER10 Lena Meyer-Landrut – Satellite (acapella Version)
15 GER10 Lena Meyer-Landrut – Satellite (Instrumental Cover)
16 SWE17 Robin Bengtsson – I can’t go on (acoustic Version)
17 ESP69 Paul Mauriat – Vivo Cantando (Cover)
18 NOR95 Secret Garden feat. Anne Takle – Nocturne (2007 Vocal Version)
19 BEL17 Blanche – City Lights (acoustic Version)
20 LAT10 Kristīne Kārkla-Puriņa – Rišti rašti (Preselection)
21 BEL78 Jean Vallée – L’amour ca fait chanter la vie
22 SWE15 Dynamic Vocal – Heroes (Cover)
23 AUT66 Paul Mauriat – Merci Cherie (Cover)
24 CH06 Six4One – If we all give a little (unplugged)
25 POR17 Amar pelois dois (Piano Cover)
26 BEL76 Scala & Kolacny Brothers – Judy et cie (Cover)
27 EST99 Evelin Samuel – Diamond of Night (2002 Version)
28 IRE06 Brian Kennedy – Every song is a cry for love (acoustic Version)
29 AUT14 London Gay Men’s Chorus – Rise like a Phoenix (Cover)

Grafik: EBU / eurovisionaer

Vorentscheid im dicken B

Seit gestern ist es amtlich. Der deutsche Vorentscheid „Radikaler Neuanfang“ „Unser Lied für Lissabon“ findet am 22. Februar 2018 im Studio Berlin in Adlershof statt. Live ab 20.15 Uhr überträgt das Erste die Show, deren Moderation erstmals seit gefühlten 35 Jahren Barbara Schöneberger nicht übernehmen wird. Allerdings nur, weil sie an dem Abend schon was anderes vorhat. Wer für sie aus der zweiten Riege aufsteigt, steht noch nicht fest, der eurovisionaer hofft mal auf Sabine Heinrich.

Ebenso unklar ist weiterhin, wie viele Gesangstalente überhaupt an den Start gehen dürfen. Im Rahmen des unübersichtlichen Auswahlverfahrens fand vergangenes Wochenende ein halböffentliches Casting in Köln statt. Dabei wurden Ivy Quainoo, Voxxclub, der von fanatischen Fanboys fergötterte Ryk und die Band Steal A Taxi sowie eine undefinierte Anzahl weiterer Gesangstalente in der Domstadt gesichtet – ob sie jedoch das Ticket für die Zugfahrt nach Berlin bereits in der Tasche haben, will oder kann derzeit niemand beim NDR bestätigen.

Fortsetzung folgt.


Es begab sich zu jener eurovisionaeren Zeit…

In unseren westeuropäischen Breiten hat man ab circa Anfang Dezember für drei bis vier Wochen grundsätzlich andere Sachen zu tun, als sich um den ESC zu kümmern. Zur angeblich schönsten Zeit des Jahres strömen wir in die noch heller als sonst erleuchteten Shoppingtempel, frieren uns bei süßer Glühweinplörre die Füße auf diversen Weihnachtsmärkten ab, überstehen genervt die alljährlichen Betriebs- und Abteilungsfeiern, auf denen das sonst brave Kollegium hackestramm „Last Christmas“ lallt, backen Kekse in Tausenderauflage, verpacken den ganzen Geschenkeplunder weltmeisterlich schmuck, hasten am 24.12. noch schnell in den selbstverständlich immer noch geöffneten Supermarkt, um anschließend eine unendliche Liste von wohl koordinierten Familienbesuchen abzuarbeiten. Am Ende sacken wir ermattet ins Fauteuil, entsorgen fein säuberlich getrennt den Berg Verpackungsmüll und sind froh, dass der ganze Zinnober vorüber ist.

Nicht so in Eurovisionia. Dort findet Weihnachten alljährlich im Mai statt. Es dauert ebenfalls nur drei Tage, doch der im ersten Abschnitt skizzierte (Vor-) Feiertagsstress ist ein müder Witz im Vergleich zu den monatelangen Vorkehrungen, die im Regenbogenland von Fairytale, Euphoria und Ding-A-Dong getroffen werden müssen.

In der Regel beginnen diese im Dezember, so auch in diesem Jahr, als der eurovisionaer, ein Wanderer zwischen beiden Welten, frühmorgens, vom Läuten des Weckers aufgescheucht, zum Laptop tapert. Innerhalb eines sehr eng eingegrenzten Zeitfensters gilt es für ihn, in virtuellen Warteräumen abzuhängen, um ein ganz besonderes Geschenk, Eintrittskarten zur Festmesse im Mai zu ergattern. Und wie in jedem Jahr wird diese Freude nur wenigen zuteil, wenngleich der norwegische ESC-Santa-Ola weitere Gelegenheiten verspricht. Der eurovisionaer jedenfalls gibt die Hoffnung so schnell nicht auf, bucht in gleichem Atemzug mal eben Übernachtungsmöglichkeiten und Transportmittel für die Pilgerfahrt im Mai und legt sich wieder aufs Ohr.

An anderer Ecke in Eurovisionia wird derweil Probe gesungen. Der Konsul des NDR hatte gerufen und lässt nunmehr in einem von niemandem mehr zu durchschauenden Selektierungsprozess fein säuberlich erwählte Entscheider vorsortieren, bewerten und voten. Schon singen und tanzen die willigen Barden und Maiden vor, doch einzig der bajuwarische Voxxclub, sechs stramme Burschen, die der eurovisionaer erst wenige Tage zuvor auf einem heimischen Weihnachtsmarkt gesehen hatte (so schließt sich der Kreis), sorgen für etwas wie Aufregung in der nationalen Anhängerschaft.

Wieder andere, wie der skandinavische ESC-Heilsbringer Christer, durchqueren dieser Tage unter größten körperlichen Anstrengungen nahezu den gesamten Kontinent. In seiner Gefolgschaft die Sternendeuter Edoardo und Nicola, gemeinsam gelten sie als die Heiligen Drei Könige der Eurovision. Sie erkennen sofort, welche Melodei oder Tanzfigur Erfolg verspricht und so kommt es, dass ihr Rat von nah und fern inständig erbeten wird.

Aber nicht alle eurovisionaere mögen auf fremde Ratschläge hören. Im fernen Tirana, wo traditionell der erste Abgeordnete für das europäische Wettsingen auserkoren wird, schert man sich wenig um die Meinung des mächtigen Mannes aus dem hohen Norden. Seit jeher wird hier ein drei Abende dauerndes, rauschendes Fest ausgerichtet, an dessen Ende ein in der Regel sperriges Opus der vom Wein ermüdeten Zuhörerschaft präsentiert wird. Wieder ernüchtert, verbringt man die nachfolgenden Monate damit, das Liedgut für die Ohren der europäischen Nachbarn etwas geschmeidiger zu zimmern.

Ähnlich eifrig geht es dieser Tage in fast jedem Land des alten Kontinents zu. Abordnungen für die heimischen Festivals Beo- und Montevizija, Eesti Laul, A Dal – und wie sie nicht alle heißen – werden unter Jubelgeschrei des Volkes benannt. Derweil hämmert der kommende (jedoch lange Jahre unbeachtete) Gastgeber, das portugiesische Lisboa, mit größtem Stolz eine anmutige Bühne zusammen und vergißt prompt die allseits geliebten Leuchtwände. Und inmitten dieses wieselflinken Durcheinanders erhält der siegreiche Barde des Vorjahres, San Salvador, um dessen Gesundheit ganz Eurovisionia gebangt hatte, in einer mehrstündigen Operation ganz heldenhaft ein neues Herz!

Da sage noch einer, unsere Weihnachtsrituale seien anstrengend!

Foto: pixabay, eurovisionaer

(Fast) alle an Bord

Soeben hat das portugiesische Fernsehen RTP in einer feierlichen Pressekonferenz das Motto zum kommenden Eurovision Song Contest bekannt gegeben: „All Aboard“ korrespondiert mit der über 500-jährigen Geschichte des Landes als Seefahrernation. Lissabon, früher Ausgangspunkt der wichtigsten Meeresrouten, sei heutzutage ein Hafen der Kulturen und lade die ESC-Community im Mai 2018 dazu ein, an Bord zu kommen.

Bei gleicher Gelegenheit bestätigte Jon Ola Sand, Supervisor des Wettbewerbs, dass 42 Länder in Portugal antreten werden. Mazedonien darf leider nicht an der launigen Seereise teilnehmen, da es seine Schulden bei der EBU noch nicht beglichen habe (ähnliches passierte Rumänien vor zwei Jahren). Bitte einsteigen heißt es daher nur für die Gäste, die sich den Törn auch leisten können.

Grafik: EBU / eurovision.tv

 


Eurovisionia im Rausch

Europa singt sich in einen Vorentscheidungsrausch! Sage und schreibe 31 nationale Sender haben bislang bestätigt, dass sie mittels eines TV-Vorentscheids nach ihrem Beitrag für Lissabon fahnden wollen. Und es können noch mehr werden, wenn beispielsweise Kroatien seine traditionelle Dora oder Spanien die Anfang der Nuller erfolgreiche Operación Triunfo wiederbeleben sollten.

So oder so zeichnet sich ein heißer Winter für ESC-Nerds ab, will er an kalten Februarabenden via Webstream bei gleich mehreren Entscheidungsshows den Überblick behalten. Vorsorglich hat der eurovisionaer deswegen mal alle bislang feststehenden Termine gelistet und verspricht hiermit feierlich – solange er nicht abermals von einer penetranten ESC-Lustlosigkeit gepackt wird – diese brav zu aktualisieren.

Grafik: eurovisionaer