Armes Deutschland – Die Beiträge für Köln

Armes Deutschland – Die Beiträge für Köln

flag germany klein wikimedia - fry1989So allmählich schwant mir, warum der NDR die offizielle Veröffentlichung aller diesjährigen Vorentscheidungsbeiträge so lange herauszögert. Es wird einfach nicht besser, nachdem uns in der vergangenen Woche schon ein Ausschnitt des unsäglichen Unheilig-Oeuvres „Als wär’s das erste Mal“ zu Ohren gelassen wurde. Mittlerweile quälen uns auch die anderen Bewerber mit sogenannten Snippets, die an verschiedenen Ecken im Netz zu finden sind.

Fangen wir mal mit Santiano an, die ich vor einiger Zeit als ärgste Konkurrenten des Grafen bezeichnet habe. Um das mal klar zu stellen, hatte ich damals lediglich die vorhandenen Fanbases verglichen und mir war noch nicht klar, welchen Driss die Seemänner auf uns loslassen werden. Zwischenzeitlich verdichten sich die Gerüchte, dass die Schunkelmatrosen mit der Sängerin Oonagh auftreten werden, die von ihrer Plattenfirma als die neue Ethno-Pop-Sensation angekündigt wird. Natürlich stimmt das nicht. Vielmehr ist „Minne“ bzw. „Hörst du den Wind“ schrecklichste Vorentscheidungsmucke, die wir so zuletzt Mitte der 90er Jahre gehört haben und die sich krampfhaft bemüht, das musikalisch nicht gerade wegweisende „Only Teardrops“-Thema aufzugreifen. Vorsicht! Es wird ganz dolle weh tun, aber für die Masochisten gibt es hier Ausschnitte zu hören.

Update: Achtung Falschmeldung! Wie der NDR zwischenzeitlich mitteilte, werden die Shanty-Rocker doch auf weibliche Begleitung verzichten (vermutlich haben sie den Schmarrn selbst nicht ertragen). Die Beiträge für Köln lauten nun „Niemals untergehen“ und „Fiddler On The Deck“. Hörproben hiervon gibt es vorsorglich derzeit keine.

Als nächstes nun zum Rockabilly Act. Die Berliner Combo The Baseballs hat letzte Woche die Katze aus dem Sack gelassen und kündigt via Youtube ganz internäschenell die Kurzversion von „Mo hotta mo betta“ an. Richtet sich meiner Meinung nach an eine sehr überschaubare Zielgruppe, die in keinster Weise eurovisionsaffin ist. Und wie uns die Song-Contest-Historie zeigt, wäre Europa schon mit der einminütigen Version überfordert.

Oceana, die vor zwei Jahren einen ordentlichen Charterfolg mit dem launigen Fußballliedchen „Endless Summer“ hatte, ist offensichtlich immer noch auf Dschameyka oder in El-Äh (zumindest lässt sie kein Geld für einen leistungsstärkeren Homepage-Server springen). Bis sie also im März kurz in CGN zwischenlanden wird, gibt es nicht mehr als einen hippen Teaser für „Thank you“. Das zeugt immerhin von guten Umgangsformen und daher werde ich vorerst auch nix Böses dazu schreiben (der Schnipsel iss für eine abschließende Bewertung durch die Redaktion eh zu kurz).

Kein Lena-Klon ist trotz optischer Ähnlichkeit die 18-jährige Madeline Juno aus dem Schwarzwald. Sie hat in den vergangenen Monaten mit dem Song „Error“ auf sich aufmerksam gemacht und erreichte gar die Top50 der deutschen Musikcharts. Mit dem etwas schnarchigen Prädikat „Singer / Songwriterin“ gilt sie wahrscheinlich nicht gerade als Favoritin für Köln. Auch ist mir nicht ganz klar, ob wir in „Like Lovers do“ schon die finale oder nur eine ungepluggte Version ihres Vorentscheidungsbeitrags zu hören bekommen.

Wer sich bei Nicoles Auftritt 1982 schon in die geschmeidige Harfe verliebt hat, wird sich heutzutage bei MarieMarie wahrscheinlich die Ohren reiben. Die Münchnerin mit dem roten Afro ist nach eigenen Worten ein bißchen wie aus der Welt gefallen, was uns einigermaßen erklärt, warum sie ihren Beitrag für Köln noch nicht offiziell benannt hat. Vermutlich ist es aber „Cotton Candy Hurricane“, das sie vor einigen Monaten bereits live zum Besten gab und als Single-Auskopplung ihres Albums „Dream Machine“ vorgesehen hat.

Update: Ja, das ist es, der zweite Song heißt „Candy Jar“.

Von allen (bislang feststehenden) Kandidaten scheint mir Das gezeichnete Ich die besten Chancen auf eine gute deutsche Platzierung in Kopenhagen mitzubringen. Das Problem ist nur, dass der heimische Televoter absehbar nur Augen für den Grafen haben wird. Nach offiziellen Angaben trat der Berliner mit dem komischen Namen vor geraumer Zeit auf der Abschiedstour von A-Ha im Vorprogramm auf. Scheinbar hat er seitdem zu oft „Take on me“ gehört, was sich jetzt ein wenig bei seinem Wettbewerbsbeitrag „Weil du da bist“ bemerkbar macht. Egal, ansonsten besitzt der Song alles, was einen passablen Eurovisionsheuler ausmacht – Hook, Look, Timing und 3-Minuten-Länge. Alles das haben seine Konkurrenten bislang nicht!

Übrigens: Santiano plapperten schon am 14. Dezember auf ihrer Homepage aus, dass sich auch Bosse für die diesjährige Vorauswahl angemeldet habe. Vermutlich ist dem jedoch noch rechtzeitig gedämmert, auf was für einen verrückten Haufen er dann in Köln getroffen wäre und hat schnell wieder abgesagt. Schade, denn der Bundesvision-Song-Contest-Gewinner 2013 hätte sich als Grafen-Verhinderer auszeichnen können. Letzterer wird nun also Ende März einen weiteren Nummer-Eins-Hit in Deutschland sein Eigen nennen und dann im Mai auf internationaler Bühne gehörig abstürzen dürfen. Aber er wollte es ja so…

Adel Tawil, wir brauchen Deine Hilfe!!!

Grafik: Wikimedia/Fry1989

3 Comments

eurovisionär

28. Januar 2014 at 1:42 pm

Merci Escfan.
Und ich finde die Mucke von Unheilig halt blöd, is doch nich schlimm. So haben wir beide ne Meinung, nur nich die gleiche (Daran ändert für mich übrigens die Vollversion des Grafen, die als Radiorip durchs Netz geistert, auch nix).
Und bei „Das Gezeichnete Ich“ sind wir uns ja auch schon wieder einig…:-)

escfan05

29. Januar 2014 at 1:31 am

Wir sollten froh sein, das überhaupt so ein Hochkaräter wie Unheilig für Deutschland singen will. Mir geht dieses Niedermachen, um des Niedermachens willen tierisch auf den Sack. Wenn ich mir die bisher feststehenden Songs so ansehe, sind bis jetzt auch keine Offenbarungen dabei. Nur weil dir Unheilig nicht gefällt, bedeutet das nicht automatisch, das sie in Kopenhagen schlecht abschneiden würden. Denn jede Prognose ist viel zu früh. Mir haben auch schon viele Lieder nicht gefallen, Albanien 2012, Italien 2011 und trotzdem haben sie am Ende gut abgeschnitten. Man sollte nie vom eigenem Geschmack ausgehen. Habe auch nicht verstanden warum 2013 die Dänin gewonnen hat. Das Lied ist so austauschbar.

    eurovisionär

    29. Januar 2014 at 12:11 pm

    Es geht doch gar nicht um das Niedermachen. Etablierte Künstler sind sicherlich ein Vorteil für die TV-Quote in Deutschland, allerdings lange kein Garant für eine gute Platzierung im europäischen Finale. Und dann kann es schnell passieren, dass am Tag danach des Volkes Empörung mal wieder groß ist. Mir ist ein wirklich guter Song lieber als ein großer Name. Und ich fürchte, das geht in unserer Vorentscheidung mal wieder unter.
    Meine persönliche Meinung zu des Grafens Musik mal außen vor gelassen, denke ich, funktionieren Unheilig auf dem deutschsprachigen Markt, weniger jedoch europaweit. Aber wir werden es ja sehen…
    Ach, und was ist denn gerade bei der Eurovision falsch daran, vom eigenen Geschmack auszugehen?

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