Dienstag, 10. Mai 2011

Düsseldorf erleben: Sag ja!

Es ist soweit… Was eigentlich schon vor ca. 10 Tagen begonnen hat, geht nun spürbar in eine heißere Phase über. Mittlerweile bin ich darin geübt, S-Bahnverbindungen zu recherchieren, Abfahrtszeiten zu bestimmen und Treffpunkte festzulegen. Verantwortlichkeit hin oder her – es soll halt so sein! So treffe ich am frühen Nachmittag mal wieder in der Landeshauptstadt ein, diesmal in der Begleitung von Herrn V (allseits bekannt) und „introducing“ Miss S.  Die hatte ein ganz schweres Schicksal ereilt und das schon vor Monaten, als Freunde von ihr beschlossen hatten zu heiraten und sie daselbst zur Trauzeugin zu machen. Davon mag man ebenfalls halten, was man will, alleinig der Termin war bereits ein Problem: der 14.05.! Tja – hätten die so genannten Freunde in den Eurovisionskalender geschaut und um das Fanwesen der Miss S gewusst, wäre das nicht passiert, aber so war der Kuchen halt gegessen. Und nachdem ich an einem kalten und dunklen Wintertag wiederum Miss S versprochen hatte, zum Ausgleich doch zumindest für Semifinaltickets und Begleitung zu sorgen, haben wir nun die Überleitung zum 10. Mai 2011 geschafft!

Es ist an diesem Dienstag ganz und gar nicht mehr dunkel, geschweige denn kalt (das Wetter kann man eben doch beeinflussen!) und wir vertreiben uns abermals die Zeit in der Altstadt. Miss S hat sich mächtig ins Zeug geschmissen und will an diesem Abend für alle Besucher die perfekte Gastgeberin sein – schwarze Hose, rote Bluse – da fällt Herrn V und mir auf, dass da doch noch was fehlt… Kurzerhand besuchen wir erneut den Souvenirhandel unseres Vertrauens und entdecken Kopfbedeckungen jedweder Couleur, natürlich auch die mit den goldenen Pailletten. Ich will nicht behaupten, dass ich es schon immer gewusst habe, aber nach der ersten Anprobe ist klar, dass Miss S die geborene Hutträgerin und der Kauf dieses Utensils unter Dach und Fach ist. In der ganzen Euphorie lege ich mir direkt auch einen zu, für den ich zwar gleich noch ein neues T-Shirt dazupacken muss, aber was soll’s?

Diesen erfolgreichen Einkauf besiegeln wir sogleich mit einigen Bierchen in der Mittagssonne und gesellen uns zu diesem Zweck zu Freunden von Herrn V aus B, die ebenfalls in der Stadt weilen, und zwar nicht über Tickets, aber das nötige Fanwissen verfügen. Und nach einem angeregten Plausch über die Favoriten des Abends ist auch schon wieder die Zeit gekommen, zu der – na, erraten??? – Frau S zu uns stößt. Die hat ebenfalls keine abendlichen Eintrittskarten, ist indessen aber dermaßen eurovisionifiziert, dass sie sich bei jeder Gelegenheit von ihrem nahegelegenen Schreibtisch freimacht und am Treiben um das europäische Wettsingen teilhaben möchte. Natürlich ist auch sie ob unserer neuen Hüte ganz aus dem Häuschen, während mir schon langsam die Bierchen zu Kopf steigen und wir beschließen erst einmal was Leckeres zu essen.

Nach einigen, wenigen Runden ist bereits die für alle passende Restauration gefunden, in der wir uns für den bevorstehenden Abend stärken, um dann rechtzeitig, Frau S bereits wieder zurücklassend, mit dem ebenfalls ticketversorgten Herrn P, seiner Chefin und Anhang zusammen zu treffen und den Weg Richtung Arena anzutreten. In der Straßenbahn stellen Miss S. und ich etwas erleichtert fest, dass wir nicht die einzigen Idioten im Dorf sind. Tja, und dann sind wir auch schon an der Kultstätte angekommen und fühlen uns, als hätten wir den Olymp bestiegen. Während wir also diesen erhabenen Moment genießen und von Tausenden von Gleichgesinnten umgeben sind, verkürzen wir die Wartezeit mit dem Posieren für Fotos und einem kurzen Radiointerview, das uns eine freundliche Holländerin aufquatscht. Aber wie schon erwähnt sind wir ja gute Gastgeber und können keine Bitte abschlagen, als wir dann doch in der Menge bekannte Gesichter entdecken und die verbleibende Zeit lieber mit eurovisionärem Geschwätz mit den Herren J & J und dem großen Gospodin D vertändeln. Letzterer weiß glücklicherweise frittenessend noch nichts von den vorabendlichen israelischen Eskapaden des Herrn B, aber darauf näher einzugehen lassen wir an dieser Stelle, denn das Thema verwirrt in seiner zwischenmenschlichen Komplexität wahrscheinlich die Leser dieses Blogs über die Maßen.

Also sind wir in der Halle. Voller Vorfreude nehmen Miss S und ich unseren erstreihigen Platz in Block 4 ein, wobei wir unglücklicherweise eine auf dem Boden stehende Flasche Bier eines jungen Briten umstoßen, der uns sogleich lautstark mit bösen Flüchen belegt. Egal, während wir uns noch in der Arena umschauen und feststellen, dass für die oberen Ränge kein Mensch Karten erstanden hat und sie daher abgedunkelt werden (aber wo war schon zuvor ein Semi ausverkauft, insbesondere, wenn man gleich 36.000 Tickets hätte kriegen können?), gehts auch schon auf der Satellitenbühne los. Selbige sehen wir zwar nicht (auch nicht über die Monitore) – is aber wohl auch normal in einem Fußballstadion – dafür knüpft Miss S bereits Kontakte zu ihrem schwedischen Sitznachbarn, der am heutigen Abend allerdings für Polen (oder war es San Marino?) jubeln will. Es hat ihm beides nichts genutzt, und auch wir schauen nach zwei Stunden guter Show ein wenig verdutzt durch die Gegend, da überraschenderweise weder „Haba-Haba“ noch die türkischen Dauerfinalisten am Samstag in der Endrunde sein werden. Und während ich mich noch echauffiere, warum es das litauische Folterinstrument „C’est ma vieieieie, je dis ouiuiuiui“ (Himmel hilf!) bis ins Finale geschafft hat, sind wir auch schon wieder draußen und warten einige Zeit auf Herrn V, der sich eigenen Angaben nach in der Arena verlaufen hatte.

Zu allem Übel hat er auch schon wieder genug für heute (in Bezug auf die eurovisionäre Dosis ist er bekannterweise sehr genügsam, wie ich ja schon am Samstag festgestellt hatte), alldieweil Miss S und ich beschließen, auf jeden Fall noch die Altstadt aufzumischen. Das wäre fast ins Auge gegangen, denn dort angekommen, sind wir nach dem hysterischen Gekreische in der Arena nun zuerst einmal mit totaler Stille konfrontiert. Zufällig führt uns der Weg in den altstädtischen „Knoten„, der in den folgenden Tagen noch eine tragende Rolle spielen wird (allerdings lässt sich das zu diesem Zeitpunkt nicht einmal erahnen). Während wir im Beisammensein von ca. 5 anderen Gästen an der Theke gelangweilt überlegen, wo Miss S ihren goldenen Paillettenhut heute noch vorführen könnte, überschlagen sich die Ereignisse, denn innerhalb von 10 Minuten ist nach einem anfänglich gemütlichen Plausch mit der Wirtin der Laden brechend voll und die erste der nunmehr legendären Düsseldorfer Eurovisionsafterparties nimmt ihren Lauf.

Isa legt von nun an hinter ihrer Theke einen Zahn zu – mein Altbierkonsum auch, als eine nur auf den ersten Blick offensichtlich finnische Gruppe, die sich alsbald als ruhrdeutsch entpuppt, den Knoten betritt. Lauthals Eurovisionsklassiker gröhlend (Isa hat, das Geschäft ihres Lebens erahnend, die Anlage indessen mehr als ein wenig aufgedreht) und einige finnische Blicke austauschend, haben Miss S und ich das Gefühl, am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein. Das Leben kann so schön sein… Gleichwohl beschließen wir einige Stunden später, den längeren Weg heimwärts anzutreten. Am nächtlichen Bahnsteig auf die Straßenbahn wartend fragt mich Miss S noch, ob mir der süße Finne aufgefallen sei, der mich immer so nett angelächelt habe. Natürlich verneine ich die mehr oder weniger offensichtliche Frage, wobei wir beide sofort wissen, dass ich ausnahmsweise mal ein wenig flunkere…

Foto: eurovisionaer

Ungelogen sind wir Donnerstag wieder im Knoten


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